Autor Heribert Prantl hat am Samstag auf der Medienseite der Süddeutschen Zeitung einen längeren Beitrag über das Leistungsschutzrecht für Presseverlage veröffentlicht. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass normales Urheberrecht zur Gestaltung der digitalen Zukunft ausreiche und ein Leistungsschutzrecht überflüssig sei. Hier eine Antwort auf seine Argumente, die leider teilweise auf falschen Fakten beruhen:
Seinen Beitrag beginnt Prantl mit einem Rückblick auf die Geschichte gewerblicher Kopisten von Zeitungen. Er beschreibt zunächst das Geschäftsmodell der „Wöchentlichen Ordinari- und Extraordinari-Zeitung“, die im München des 18. Jahrhunderts als eine Art früher Aggregator herausgegeben wurde. Daraus baut er eine Analogie zu Google News auf:
Apps wie Flipboard oder Pocket nutzen gleich ganze Artikel; andere Internet-Dienste bieten Zusammenfassungen von Zeitungstexten zu bestimmten Themen samt Zitaten aus dem Originaltext. Davon hat ein Zeitungsunternehmen nichts. Das Ganze ist jeweils garniert mit Werbung, bringt also dem News-Aggregator, den man früher als Nachdrucker bezeichnet hat, Geld. Den Zeitungsverlegern gefällt es verständlicherweise nicht, wenn andere mit dem Materiel, das sie, die Zeitungsverleger, finanzieren, Kasse machen – ohne dass sie irgendetwas davon haben.
Diese Verstimmung gesteht Prantl seiner Branche zu. Nicht einverstanden ist er aber mit dem Weg, wie Abhilfe geschaffen werden soll. Damit kritisiert er auch seinen eigenen Verlag, der sich entschieden für ein Leistungsschutzrecht einsetzt. Prantl führt die Pläne zum Leistungsschutzrecht aus Koalitionsvertrag und Koalitionsausschuss vom März 2012 an. Unter anderem zitiert er folgenden Satz aus dem März-Beschluss:
Eine Verwertungsgesellschaft soll das Geld einziehen und verteilen.
Debatte über die Verwertungsgesellschaftspflicht
Schon dieses Zitat weist darauf hin, dass es dem Text weniger um die Darstellung der aktuellen Debatte geht, als vielmehr um die persönliche Reflektion aufgeschnappter Informationen. Der Satz ist zwar korrekt zitiert, doch seit dem Koalitionsausschuss ist in der FDP-Fraktion hart um die sogenannte Verwertungsgesellschaftspflicht gerungen worden.
Verwertungsgesellschaftspflicht bedeutet, dass ein Recht nur durch eine Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden kann. An dieser Lösung stoßen sich manche Mitglieder der FDP-Fraktion. Ihnen wäre es lieber, eine Wahrnehmung des Rechts durch Verwertungsgesellschaften nicht gesetzlich festzuschreiben, sondern es jedem Verlag selbst zu überlassen, wie er das Leistungsschutzrecht geltend macht. Fachleute nennen diese alternative Lösung etwas salopp ein „nacktes Leistungsschutzrecht“.
Wer als Journalist bei den Fachpolitikern der FDP-Fraktion zu diesem Thema etwas herum telefoniert, der stolpert sofort über diese seit Wochen intensiv geführte Debatte. Bleibt die Debatte hingegen unerwähnt, lässt dies darauf schließen, dass Recherche nicht im Vordergrund der Auseinandersetzung mit dem Thema stand. Einfach nur den Koalitionsbeschluss vom März zu zitieren, ohne den aktuellen Debattenstand zu referieren, reicht nicht aus. Leider weist der Text an vielen Stellen Ungenauigkeiten auf, die den Blick für eine unvoreingenommene Beurteilung des Leistungsschutzrechts verstellen.
Abgrenzung der Sphären von Journalisten und Verlegern
Während der Text die politische Debatte um die Verwertungsgesellschaftspflicht nicht erwähnt, problematisiert er einen anderen Aspekt, der seinerseits seit langem als geklärt gelten darf: die Abgrenzung der Rechtssphären von Journalisten und Verlegern. Zitat:
Es geht um die Frage, wo das journalistische Eigentum beginnt – und ob die bisherigen Grenzen zugunsten der Verlage durch Einführung eines neuen Schutzrechts verschoben werden sollen, das nicht geistige, sondern gewerbliche Leistung schützt.
Dies ist zweifellos eine wichtige Frage, nur ist sie längst nicht mehr wirklich strittig. Ein Leistungsschutzrecht schützt in der Tat keine geistige, sondern eine gewerbliche Leistung. Der völlig unterschiedliche Schutzgegenstand ist der Grund, warum nicht nur das Leistungsschutzrecht für Presseverleger konfliktfrei neben dem Urheberrecht des Journalisten stehen wird, sondern warum auch alle anderen Leistungsschutzrechte des deutschen Gesetzes (Musik, Film, Konzerte usw.) seit Jahrzehnten problemlos neben den Urheberrechten existieren und in der Praxis nicht zu Verwerfungen führen.
Vielleicht wäre es theoretisch möglich, ein Leistungsschutzrecht zu konstruieren, das Autoren Rechte streitig macht. Aber im vorliegenden Fall ist alles unternommen worden, um genau dies zu vermeiden. Seit Anbeginn des Projekts vor etwa vier Jahren führen die Verlagsverbände BDZV und VDZ intensive Gespräche mit den beiden Journalistengewerkschaften DJV und Verdi. Dabei wurden gemeinsame Vorschläge zur konfliktfreien Abgrenzung der beiden Rechte ausgearbeitet, die von allen vier Organisationen (BDZV, VDZ, DJV, Verdi) in die politische Debatte eingebracht worden sind.
In seiner „Stellungnahme zum Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft“ vom 23. April 2012 schreibt der DJV denn auch zum Thema Leistungsschutzrecht:
Der DJV hat sich dagegen bisher nicht gegen Leistungsschutzrechte ausgesprochen, die eine große Sachnähe zum urheberrechtlichen Schaffen aufweisen. Er hat jedoch – wie in der Diskussion zu einem möglichen Leistungsschutzrecht für Presseverleger – darauf gedrungen, dass das Leistungsschutzrecht die Rechte der davon betroffenen Urheberinnen und Urheber nicht beeinträchtigen darf. Eine solches wenig konfliktträchtiges Nebeneinander von Urheberrecht und Leistungsschutzrecht existiert im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zwischen dem Signalrecht der Sendeunternehmen und den verwertungsrechtlichen Interessen der Journalistinnen und Journalisten außerhalb des Rundfunks.
Anders ausgedrückt: Wenn das Leistungsschutzrecht für Presseverlage nicht in die Rechte der Autoren eingreift, hat der DJV nichts dagegen einzuwenden. Die Presseverlage haben stets nur Vorschläge unterbreitet, die genau diese Forderung erfüllen. (Eine endgültige Stellungnahme zum Thema Leistungsschutzrecht kann der DJV erst abgeben, wenn er den konkreten Gesetzentwurf kennt. Dieser ist nach wie vor unbekannt – auch den Verlagen.)
Problemlose Koexistenz von Urheber- und Leistungsschutz
Auf diesen aktuellen Debattenstand geht der Beitrag leider nicht ein. Stattdessen blendet er wieder zurück in die Vergangenheit und referiert die Geschichte des Urheberrechts der vergangenen 175 Jahre. Keine Erwähnung findet dabei, wie problemlos Leistungsschutz- und Urheberrechte etwa bei Film und Musik seit Mitte der 1960er Jahre nebeneinander stehen.
Debatte über die Gemeinfreiheit
Stattdessen nimmt sich der Text dem Thema Gemeinfreiheit an und stößt damit zum Kern seiner Kritik am Leistungsschutzrecht vor:
Alles, was bloße Nachricht ist, und nicht, wie Urheberrechtler sagen, „in eine sprachliche Form von schöpferischer Höhe“ gebracht ist, ist gemeinfrei. Gemeinfreiheit bedeutet, dass der Benutzung und Verwertung durch jedermann grundsätzlich nichts entgegen steht.
Nun kommt es zu einer wichtigen Fallunterscheidung: Texte, die gemeinfrei sind, und solche, die es nicht sind. Beides muss auch hier streng voneinander getrennt werden, da die Rechtsfolgen höchst unterschiedlich sind.
Bezahlung für die Verwendung nicht gemeinfreier Texte
Der Text stellt richtig fest, dass der größte Teil des Inhalts von Zeitungen heute nicht gemeinfrei ist, weil er über die notwendige Schöpfungshöhe und damit über die Voraussetzung für rechtlichen Schutz verfügt. Prantl schreibt:
Wer den gesamten Artikel oder wesentliche Auszüge daraus übernimmt, der ist kostenpflichtig – ob er den Artikel nun analog oder digital verwertet. News-Aggregatoren im Internet, die so arbeiten, müssten oder müssen also schon nach heutigem Recht zahlen.
Das ist inhaltlich richtig. Allerdings fehlen drei entscheidende Fakten:
Erstens: Einen Anspruch auf Bezahlung haben nur die Urheber, nicht aber die Presseverlage. Sie sind die einzigen namhafte Werkmittler, die im deutschen Urheberrechtsgesetz keinen eigenen Leistungsschutz genießen. Sie gehen leer aus, obwohl sie die Urheber ursprünglich für ihre Texte bezahlt hatten. Kopiert ein Aggregator diese von Verlagen bezahlten Texte, hat zwar der Autor einen Anspruch auf Geld, nicht aber der Verlag, der ihn entlohnt hat. Das ist eine Ungerechtigkeit, die beseitigt werden muss.
Zweitens: Die Verwertungsgesellschaften der Urheber, also zum Beispiel die VG Wort, können Ansprüche nur bei Zweitverwertungen geltend machen. Mit der Wahrnehmung von Erstverwertungen sind sie nicht beauftragt. Dadurch entsteht eine weitere Regelungslücke. Wenn Piraten-Plattformen wie Avaxhome (dieser Blog berichtete) komplette Zeitungen und Zeitschriften scannen und zum Gratis-Download anbieten, ist die VG Wort machtlos, da es sich um eine Erstverwertung handelt. Die Urheber müssten selber tätig werden, was sie mangels Organisation und Geld aber so gut wie nie tun. Im Ergebnis zahlt der Kopist meistens gar nichts. Von dieser Regelungslücke machen Downloadplattformen und Aggregatoren lebhaften Gebrauch.
Drittens: News-Aggregatoren, die auf Zweitverwertung statt Erstverwertung setzen, müssten den Urhebern bei Komplett-Übernahmen vielleicht etwas bezahlen, tun es meistens aber einfach nicht. Bis auf ganz wenige Ausnahmen hat sich noch kein Internet-Aggregator bereit erklärt, Geld an Journalisten zu überweisen, geschweige denn an Verlage. „Verklagt uns doch“ ist die Antwort, die Verhandlungsführer der Journalisten meist zu hören bekommen. Die Kräfte auf dem Aggregations-Markt sind so asymmetrisch verteilt, dass Urheber ihr Recht de facto nicht durchsetzen können.
Zwischenfazit: Schon bei den nicht-gemeinfreien Texten ist die Lage für Urheber und Verlage unbefriedigend. Das Leistungsschutzrecht ist notwendig, um Abhilfe zu schaffen. Erst mit dem Leistungsschutzrecht wird es möglich sein, eine wirksame Position gegenüber Aggregatoren aufzubauen. Da Journalisten an den Ergebnissen des Leistungsschutzrechts beteiligt werden, profitieren sie ganz direkt von dem neuen Recht.
Snippets und gemeinfreie Texte sind nicht dasselbe
Der Beitrag beschäftigt sich nun mit Kurztexten:
Suchmaschinen und News-Aggregatoren, die aber nur auf den Artikel hinweisen in Form eines Links und/oder eines Snippets, einer kurzen Artikelzusammenfassung, müssen, jedenfalls nach derzeitigem Recht, nichts zahlen. Das offenbar soll mit einem neuen Leistungsschutzrecht geändert werden.
Hier lässt der Text jene Genauigkeit vermissen, die für die rechtliche Würdigung des Leistungsschutzrechts von größter Bedeutung ist. Mit seiner Formel „und/oder“ tut der Text so, als ob Links und Snippets ein und dasselbe wären. Sie sind es aber nicht. Links – also URL-Adressen nach dem Muster www.welt.de/merkel-in-moskau.html – sollen auch in Zukunft immer kostenlos bleiben. Sie werden vom Leistungsschutzrecht nicht erfasst. Bundesjustizministerium und Koalition haben das vielfach öffentlich erklärt. Die Verlage haben nie etwas anderes gefordert.
Doch die Kurzzusammenfassungen werden nach dem Willen der Koalition vom Leistungsschutzrecht erfasst. Dies ist ein sinnvolles Vorhaben, denn diese Zusammenfassungen wären ohne die Investitionsleistungen der Verlage nicht entstanden. Aggregatoren dürfen beliebig viele Links kostenlos anzeigen, aber wenn sie Texte verwenden, die von Verlagen finanziert worden und auf ihren Webseiten ausgespielt worden sind, handelt es sich um eine gewerbliche Nutzung, die unter das Leistungsschutzrecht fällt. Nicht anders ist es heute schon bei Film und Musik.
Zusammenfassungen von Texten sind eben nicht gemeinfrei, denn sie stellen nicht die bloße Nachricht dar. Natürlich kann jeder Aggregator auf die bloße Nachricht zugreifen und sie kostenlos weiterverbreiten. Doch wenn er die Nachricht nicht von eigenen Leuten ausformulieren lässt, sondern mangels einer eigenen Redaktion eine Maschine auf die konkreten Ausformulierungen der Verlage zugreifen und diese auf seine eigene Webseite kopieren lässt, dann handelt es sich eben nicht mehr um einen Zugriff auf die gemeinfreie Nachricht, sondern um die Kopie einer verlegerischen Leistung.
Bislang ist dieser Zugriff auf die verlegerische Leistung in der Tat kostenlos. Mit einem Leistungsschutzrecht soll sie kostenpflichtig werden. Aggregatoren wie Google wären dann gezwungen, sich mit den Verlagen ins Benehmen zu setzen und eine für beide Seiten annehmbare wirtschaftliche Lösung zu finden. Dies wird von Google aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt.
Zwischenfazit: Das Argument der Gemeinfreiheit führt ins Leere. Längere Texte sind sowieso nicht gemeinfrei, können heute aber wegen des fehlenden Leistungsschutzrechts nicht monetarisiert werden. Kurzzusammenfassungen sind ebenfalls nicht gemeinfrei, da sie konkrete Ausformulierungen darstellen und mehr als die nackte Nachricht sind. Sie sollen vom Leistungsschutzrecht umfasst werden. Links hingegen bleiben außen vor.
Google News und die Pressespiegel
Nach Erörterung der Gemeinfreiheit wendet sich Prantl der Frage zu, ob Google News vielleicht ein Pressespiegel sein könnte, der nach Urheberrechtsgesetz vergütungspflichtig ist. Das ist eine sehr gewagte These. Google würde sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, als Pressespiegel angesehen zu werden und entsprechend vergüten zu müssen. Auch schreibt Prantl selbst: „Herrschende Meinung ist das nicht.“ Aber nur einmal angenommen, Aggregatoren wären tatsächlich Pressespiegel: Dann müssten sie einen Vertrag mit der PMG abschließen – einer in Berlin ansässigen Firma, die acht Verlagen (darunter Süddeutsche Zeitung und Axel Springer) und zwei Verbänden gehört, die nahezu alle Periodika des Landes vertritt und die Lizenzen für Pressespiegel vergibt. Die Autoren werden über die VG Wort an den Erlösen der PMG beteiligt.
Wären Aggregatoren also wirklich Pressespiegel im rechtlichen Sinne, wäre ein großer Teil des Problems der Verlage gelöst. Aggregatoren wären gezwungen, an die PMG zu zahlen – eine gute Nachricht für deren Gesellschafter und alle von ihr vertretenen Medien. Doch leider sind Aggregatoren nach herrschender Meinung nun mal keine Pressespiegel. Deswegen führt auch dieser Weg ins Leere. Das Leistungsschutzrecht wird durch das Pressespiegel-Recht nicht überflüssig, sondern ganz im Gegenteil erst notwendig gemacht. Die historisch junge Entwicklung der Internet-Aggregatoren konnte vom Pressespiegel-Recht noch nicht berücksichtigt werden. Deswegen ist es wichtig, das Gesetz an die Wirklichkeit des Internets anzupassen und dem Aufkommen der Aggregatoren mit ihren spezifischen Nutzungsarten Rechnung zu tragen.
Praktikabilität und gesellschaftliche Akzeptanz
Wieder schiebt der Text einen historischen Exkurs ein. Dann kommt er zu den Schlussfolgerungen. Die erste Schlussfolgerung lautet:
Es ist zu vermuten, dass diese neuen Versuche ebenso scheitern werden, wie die alten gescheitert sind – schon weil die Schwierigkeiten bei der Konstruktuktion eines praktikablen Leistungsschutzrechts zu groß sind und eine gesellschaftliche Akzeptanz der Kostenpflichtigkeit bloßer Links nicht vorhanden ist.
Die angeblichen Schwierigkeiten bei der Konstruktion benennt der Text nicht. Deswegen kann man nicht auf sie antworten. Umgekehrt kann man aber durchaus fragen, warum für Presse nicht das möglich sein soll, was für Musik seit 1965 funktioniert. Das Leistungsschutzrecht für Musik in § 85 lautet in seinem Kernsatz schlicht:
Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.
Warum könnte es für Presseverlage nicht analog heißen:
Der Hersteller eines Presseerzeugnisses hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.
Was ist daran schwerer zu konstruieren als bei der Musik? Wie unterscheidet sich im digitalen Zeitalter eine Musikfirma, die Tondateien produziert, von einem Verlag, der Text- und Bilddateien herstellt?
Die gesellschaftliche Akzeptanz für die Kostenpflichtigkeit bloßer Links, von denen Prantl spricht, kann einem Leistungsschutzrecht nicht im Wege stehen, da niemand bloße Links kostenpflichtig machen möchte.
Macht Urheberrecht das Leistungsschutzrecht überflüssig?
Die zweite Schlussfolgerung des Textes lautet:
Wenn das geistige Eigentum konsequent geschützt wird und geschützt bleibt, kann man auf ein zusätzliches Leistungsschutzrecht verzichten.
Auch diese Schlussfolgerung trifft nicht zu. Das Recht des Urhebers lässt Lücken, die aus diesem Recht heraus nicht geschlossen werden können, siehe oben. Das Leistungsschutzrecht ist seine perfekte Ergänzung, ohne dem Recht der Urheber Konkurrenz zu machen.
Gefährliche dritte Schlussfolgerung
In seiner letzten Schlussfolgerung führt der Text aus:
Der beste Leistungsschutz für Zeitungsverlage ist daher ein guter Urheberrechtsschutz für die Autoren. Wer die Informationsfreiheit verteidigen will, darf das Leistungsschutzrecht ablehnen. Das Urheberrecht muss er bewahren, weil es den kenntnisreichen und geistreichen Umgang mit Informationen schützt.
Was der Verweis auf Informationsfreiheit hier zu suchen hat, erschließt sich nicht. Prantl führt oben selbst die Analogie zum Pressespiegel ein und fragt, ob News-Aggregatoren nicht Pressespiegel sein können. Er scheint Sympathien für den Gedanken zu hegen. Pressespiegel sind aber vergütungspflichtig. Hat diese Vergütungspflicht die Informationsfreiheit jemals eingeschränkt? Natürlich nicht. Dann wird auch Vergütung von Kurzzusammenfassungen und sonstigen Ausschnitten der Informationsfreiheit ebenfalls nicht schaden. Offenbar sieht Prantl die Informationsfreiheit nur in Gefahr, weil er fälschlicherweise annimmt, Links sollten kostenpflichtig gemacht werden. Da dies nicht der Fall ist, kann seine Sorge als gegenstandslos gelten.
Gefährlich aber ist der Rest seiner letzten Schlussfolgerung: Wenn man die Rechte der Autoren behält und weiter ausbaut, den Verlagen aber einen eigenen Schutz versagt, dann zwingt man sie dazu, ihren eigenen Rechtsschutz auf Kosten der Autoren zu verbessern.
Lässt ein Verlag sich einfache Nutzungsrechte von seinen Autoren einräumen, kann er daraus vor Gericht zwar Unterlassungen gegen Kopisten beantragen, aber keinen Schadensersatz. Ohne Forderung nach Schadensersatz ist die Klage aber witzlos, da die Gewinne der Kopisten nicht abgeschöpft werden können. Schadensersatzklagen wären nur möglich auf Basis von Total-Buy-Out-Verträgen, in denen die Autoren den Verlagen so viele Rechte abtreten, wie das Gesetz zulässt.
Die Forderung nach starken Rechten für Autoren und nicht-existenten Rechten für Verlage läuft in der Praxis auf Total-Buy-Out-Verträge hinaus, weil Verlage ohne solche Verträge keinen sinnvollen Anspruch gegen Kopisten geltend machen können. Wenn man Total-Buy-Out-Verträge für eine gute Lösung hält, soll man den Kollegen und Gewerkschaften das offen sagen und inhaltlich auseinandersetzen.
Fazit
Der Beitrag enthält keine überzeugenden Argumente gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Er zeigt keine gangbaren Alternativen auf und bestätigt damit indirekt, dass ein Leistungsschutzrecht ein geeignetes Mittel sein kann, das Urheberrecht an die Wirklichkeit des Netzes anzupassen.
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Leistungsschutzrecht – Warum sollten Links frei bleiben, aber Teilmengen davon nicht? | der presseschauer
5. Juni 2012
[...] unzeitgemäße Entscheidung in Sachen Internet erklärt. “Das mussten wir tun, weil die Verlagsindustrie uns so arg bedrängt hat”, wird es wohl nicht sein. Wäre zwar wahr, aber so was tut man [...]
Leistungsschutzrecht – die Lizenz zum Geld drucken? « … Kaffee bei mir?
5. Juni 2012
Flo Diehl
http://www.internet-law.de/2012/06/die-diskussion-um-das-leistungsschutzrecht-scheint-noch-nicht-beendet.html?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+internet-law%2Fdjpq+%28Internet-Law%29
[...] Stadler zitiert zunächst meine Analogie des Verlagswesens zur Musikwirtschaft und schreibt dann: Eine vergleichbare Schutzlücke wäre bei [...]
Das Grundmissverständnis über die Leistungen von Redaktionen | der presseschauder
4. Juni 2012
Flo Diehl
was passiert, wenn ich einen Textausschnitt (snippet) nehme, ein Wort ändere und dann aggregiere?
Wäre Google durchaus zuzutrauen ohne menschliches zutun über Algorithmen aus googletranslate einzelne Worte zu ändern.
Abgesehen davon, und ich wette dass das hier schon angesprochen wurde, bietet Google bereits einen Opt-Out; darüber hinaus gibts Blocker für Crawler die man auf der Homepage einrichten kann.
Bevor man zig Verwertungsgesellschaften gründet, und noch einen Verwaltungsapparaturmonster gründet (wer bezahlt die Verwertungsgesellschaft denn?) könnte man doch den Politikern empfehlen mehr Druck auf google auszuüben.
Nick
Absolut richtig. Bzw. im Zuge des SEO-Wahns sind ja viele URLs bereits auch so Schlüsselwort-optimiert, dass man da ganze Titel herausgenerieren kann. Ist das dann Autorenleistung oder fällt das unter freie Verlinkung?
[...] Eine Antwort auf Heribert Prantls Kritik am Leistungsschutzrecht … [...]
Christoph muster | Asiapacificshi
4. Juni 2012
[...] Bildzeitungslobbyist Christoph Keese reagiert auf den Text Heribert Prantls, der keinen guten Grund für ein Leistungsschutzrecht ausmachen kann. Im Internet wäre ein Leistungsschutz für Snippets, Textauszüge, wie sie bei Google News zu finden sind, berechtigt, denn: [...]
Too much information - Papierkorb - Guten Morgen
4. Juni 2012
TecoScr
Man wundert sich wirklich, dass Sie nach nunmehr drei Jahren intensiver Debatte immer noch derartige Fragen stellen. Leistungsschutzrechte in Musik- und Filmindustrie existieren, weil sich die Produkte der dortigen Investitionsleistungen deutlich von denen der Urheber unterscheiden. Den Unterschied zwischen einem Notenblatt und einer Tonaufnahme erkennt man sofort, ebenso den Unterschied zwischen einem Drehbuch und einem Film. Das gilt auch für kleinste Teile daraus. Bei Manuskripten und Presseartikeln geht soetwas aber nicht, schon gar nicht wenn es sich um Auszüge (“snippets”) handelt, die losgelöst vom ursprünglichen Layout auf einer anderen Seite dargestellt werden.
Wenn Sie jetzt d’accord mit Christoph Fiedler meinen, der “Bezug auf das Presseerzeugnis” mache den Unterschied, so bitte ich Sie das mal an praktischen Beispielen zu verdeutlichen. Meiner Einschätzung nach wäre das Leistungsschutzrecht dann soetwas wie eine Strafzahlung für die korrekte Quellenangabe. Wer “Merkel in Moskau (Quelle: Welt.de)” schreibt muss dann zahlen, während man mit “Merkel in Moskau” kostenfrei davon kommt. Das wäre in meinen Augen nicht nur absurd, sondern gesellschaftlich kontraproduktiv.
Diese Aussage mag nicht überzeugen, da die wenigsten Privatblogs auch privat gehostet werden. Vielmehr nutzen nicht wenige Menschen kostenfreie, aber werbefinanzierte (und damit kommerzielle) Dienste wie Blogger oder WordPress. Analog zur Argumentation der Musikindustrie im Fall YouTube und Co. wird es dann heißen, der Plattformbetreiber profitiere von den geschützen Produkten der Verlage und müsse daher zahlen. Vielleicht werden jene Dienste dieser absehbaren Forderung nachkommen, vielleicht werden sie aber auch das Zitieren und Verlinken von Presseartikeln für (deutsche) Nutzer untersagen, um den Lizenzzahlungen zu entgehen. Und damit träfe das Leistungsschutzrecht dann doch den Privatblog, wenn auch nicht finanziell, so doch in seiner Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung.
Christoph Keese
@ TecoScr: Und den Unterschied zwischen einem Artikel und einer Zeitung oder einem Artikel und einer Website erkennt man nicht ebenso deutlich wie den Unterschied zwischen Notenblatt und Musikaufnahme?
Rufen Sie bitte http://www.welt.de auf und lassen Sie sich den Quellcode der Homepage und von Artikeln anzeigen. Der journalistische Text ist die geistige Leistung des Autoren, die vielen tausend anderen Zeilen im Quellcode sind die Investitionsleistung des Verlags. Lassen Sie sich die WELT ONLINE-Daten von IVW, AGOF, Alexa, Sistrix, den Pagerank und die Summe der Backlinks anzeigen: Darin verkörpert sich ebenfalls die Leistung des Verlags.
Diese Leistung ist von jener eines Musikproduzenten in nichts zu unterscheiden. Sogar die Abteilungen des unternehmerischen Wertschöpfungsprozesses sind die gleichen; sie tragen lediglich andere Namen:
A&R Manager = Redakteur
Songwriter = Autor
Label Manager = Verlagsleiter
Aufnahmeleiter = Chef vom Dienst
Sound Engineer = Redaktionssystem-Spezialist
Promotion = Marketing
Der Prozess funktioniert absolut identisch: Talente werden gesucht, gefunden und finanziert, ihre Produkte werden produzierte, ihre Werke werden unter der Marke des Werkmittlers vertrieben, beworben und verkauft.
Herzliche Einladung meinerseits: Besuchen Sie mal für einige Tage die WELT und ein paar Kilometer weiter Universal. Dann erleben Sie die Ähnlichkeit der Prozesse mit eigenen Augen.
Wolfgang Ksoll
Rechtsanwalt Thomas Stadler hat die juristischen (und nicht journalistischen) Unterscheide benannt:
http://www.internet-law.de/2012/06/die-diskussion-um-das-leistungsschutzrecht-scheint-noch-nicht-beendet.html
Süß finde ich übrigens, dass der “Privatblogger” Keese sich mit dem Leistungsschutzrecht beschäftigt, mit dem er nach seinen Angaben udn Wünschen nichts zu tun haben will, aber andererseits der Angestellte Keese beruflich mit dem gewünschten Leistungsschutzrecht heftig involviert ist und als Postadresse für seinen Privatblog die Axel Springer AG angibt. Diese naive Vermengung zeigt eigentlich sehr deutlich, dass Zypries recht hat mit der unscharfen Definition von “Privatblog”.
Am Rande: selbständige, freiberufliche Autoren, die in ihrem Blog Vergütung von der VG Wort erzielen, unterliegen weder der Gewerbesteuer noch müssen sie einer Kammer beitreten, wie hier fälschlich behauptet wurde. Dennoch muss auch dort die gewerbsmäßigkeit geprüft werden. Aus dem Abmahnwahn-Prozessen wissen wir, dass deutsche Richter Teilnahme von nicht geschäftsfähigen Kindern an Torrents als “gewerbsmäßiges Ausmaß” definieren. So einfach, wie Kesse es glaubt, ist das Leben nicht. Einfacher ist es dagegen, wie Prantl es vorschlägt, auf ein Leistungsschutzrecht zu verzichten.
Wenn die Springer AG durch ihren Mitarbeiter Keese Vergütungen von Google für kostenlos erbrachte Dienstleistungen und Veröffentlichungen möchte, kann die Springer AG doch auch mit Google in Verbindung treten. Wenn ein Musiker auf der Straße Musik macht, braucht er eine Genehmigung und hat keinen Anspruch auf Vergütung, wenn das jemand hört. Ich würde es mal mit Marktwirtschaft versuchen, statt den sozialistischen Forderungen des Herrn Keese, den Staat Gesetze machen zu lassen für die Kostenlos-Kultur der Springer AG. Niemand zwingt die Springer AG, im Internet unverschlüsselt für jedermann zugänglich Nachrichten zu verbreiten. Wenn man von Suchmaschinen nicht gefunden werden will, kann man das einfach technisch abschalten. Will man es verkaufen, ist in unserer Gesellschaft Marktwirtschaft die erste Wahl. Wie man am Zerbröseln der LINKEN sieht.
Das hat auch ähnlich Udo Vetter dargetan:
http://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/04/ein-gesetz-hauptsache-ein-gesetz/
TecoScr
Wenn Sie aber den Quellcode eines Snippets von Welt.de auf Google News genauer anschauen, werden Sie feststellen, dass dort vom ursprünglichen “Verleger-Quellcode” nichts zu finden ist. Suchmaschinen übernehmen in der Regel nicht den Quellcode der indizierten Seite, sondern den reinen Text. Der einzige Hinweis auf die ursprüngliche Quelle ist die Angabe “Welt Online” unmittelbar neben dem Snippet. Soll dieser Quellenhinweis wirklich schon die in Anspruch genommene Leistung des Verlegers darstellen, die mit einem Leistungsschutzrecht zu schützen wäre?
Die unternehmerische Leistung der Verleger will ich gar nicht bestreiten. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass derartige Leistung allein kein Schutzrecht rechtfertigt. Das gilt auch dann, wenn andere Wirtschaftsunternehmen von der Leistung profitieren. So ist der Hotellier, der der “Leistung” des Berlinale-Veranstalter zusätzliche Zimmernachfrage verdankt, diesem trotzdem keinen finanziellen Ausgleich schuldig. Ich denke aber das werden Sie schon bei Ohly gelesen haben.
Nick
„die vielen tausend anderen Zeilen im Quellcode sind die Investitionsleistung des Verlags.“
Ach bitte! Die meisten der tausend Zeilen sind die Leistung eines (wenn nicht gar freien) CMS und seiner Komponenten oder die einer Grafikagentur oder eines Webentwicklers, deren Leistung nach dem Werkvertrag abgegolten ist und mit nicht mit jedem neuen Artikel ein Zeilenhonrar ausschüttet. Warum auch! Kein Redakteur oder Verlagsmitarbeiter setzt sich da hin und setzt HTML-Quelltext.
Die größte Frage im Thema LSR ist für mich, wo leistungsgebundener Text anfängt und Referenz/Schnipsel/Whatever aufhört. Siehe obiges Beispiel „Merkel in Moskau“. Das kann jetzt eine reine Nachricht sein, ein von einem Autor „ersonnener“ Titel oder ein Auszug aus der Agenturmeldung. Ja wo ist denn da die Grenze? Und wie wahrscheinlich ist, dass ein Portal mit einer eigenen Redaktion nicht auf den selben Titel kommt? Das sind doch tausend Fragen, die man nie verbindlich klären kann.
dot tilde dot
nein, herr keese. die investitionsleistung des verlages ist nicht der “quellcode” (besser: quelltext), den sich der leser anzeigen lassen kann.
die systeme, in die der verlag investiert hat, generieren den quelltext der vom leser abgerufenen inhalte unter anderem aus den autorenleistungen und dem werk der programmierer. dieses bleibt dem leser im von ihnen gewählten beispiel unsichtbar.
die situation, in der sich gesellschaft und branchen befinden, hat es verdient, in der diskussion zwischen papier und druckerpresse zu unterscheiden.
genauigkeit kann ihnen dann auch bei der suche nach gemeinsamkeiten helfen. die bereitschaft, welche zu finden, ist ja ganz offensichtlich vorhanden.
.~.
lab
Ich versuch’s mir gerade einmal vorzustellen, wie der Redaktionssystem-Spezialist an seinem Text-Mischpult sitzt und während der Eingabe des Redakteurs die richtige Harmonie von Adjektiven und Adverbien aussteuert.
Nein, es gelingt mir nicht…
Mark W.
Rufen Sie bitte http://www.welt.de auf und lassen Sie sich den Quellcode der Homepage und von Artikeln anzeigen. Der journalistische Text ist die geistige Leistung des Autoren, die vielen tausend anderen Zeilen im Quellcode sind die Investitionsleistung des Verlags.
Moment…Der Vergleich ist schlicht falsch. Wenn Musik oder auch Film produziert wird, dann findet in beiden Fällen eine unmittelbare Transformation des Austgangsmaterials statt. Ein Notenblatt wird zu Musik, also zu hörbaren Schallwellen transformiert, während beim Film ein Drehbuch – also Text – in Bilder mit Ton transformiert wird. In beiden Fällen entsteht dabei auch etwas neues, weil das Ausgangsmaterial vergleichsweise abstrakt ist und dadurch Interpretationsspielraum lässt. Die Klassische Musik ist ein Paradebeispiel dafür.
Aber ein Artikel? Ein Artikel ist ein Artikel, also ein Text und wird dadurch als solcher selbst nicht transformiert. Er wird zwar auf verschiedenen Medien publiziert (Papier, Online) aber er verändert sich selbst dadurch überhaupt nicht.
Der Vergleich mit Musikern würde also nur dann stimmen, wenn die Verlage z.B. jeden Artikel von Schauspielern vorlesen lassen würden und auch nur diese Aufnahme vertreiben. Das geschieht aber nicht. Die Verlage vertreiben in diesem Kontext also die Drehbücher und die Notenblätter und verlangen, dass sie noch für das verwendete Papier Geld bekommen.
Witzigerweise ist die Website als ein solcher “Ballast” mit ihrem Markup auch bei den Aggregatoren absolut irrelevant, weil bei diesen nur der Artikel selbst verarbeitet und in Auszügen angezeigt wird. Das drumherum interessiert die nicht im Geringsten.
Und eines sei bitte auch nicht vergessen: z.B. das PageRank ist als solches eine (Dienst-)Leistung von Google, die von der Welt nur richtig ausgenutzt wird. Die ganzen Vorgaben und Regeln, die ganze Mathematik dazu, die ganzen Modelle und die komplette Kalkulation kommt von und geschieht vollständig bei Google. Und deren Codezeilen sind sicher um einiges wertvoller, als alles, was Welt Online mit ihrem CMS und dem bisschen HTML-Markup macht. Vielleicht sollten also Google und alle anderen anfangen, von den Verlagen richtig viel Geld zu verlangen, damit diese als gewerbliche und kommerzielle Websitebetreiber in den Genuss von PageRank kommen.
Christoph Keese
Abkassieren kleiner Privatblogs: Richtig, diesen Punkt habe ich nicht aufgegriffen. Der Vollständigkeit halber trage ich dies hier nach: Privatblogs werden vom Leistungsschutzrecht nicht berührt. Dieses umfasst nur gewerbliche Nutzung.
Wolfgang Ksoll
“Privatblogs werden vom Leistungsschutzrecht nicht berührt. Dieses umfasst nur gewerbliche Nutzung.”
Auch das ist grober Unsinn, da gewerbliche Nutzung und “Privatblogs” rechtlich nicht definiert sind und es von der Superperformerkoalition in drei Jahren nicht mal einen Gesetzentwurf gegeben hat. Zum einen sind dann Ihre Aussagen wüste Spekulation aus Telefongesprächen, zum anderen verschweigen Sie wissentlich, dass die Fragen schon in den Raum geworfen wurden:
“So sei trotz des Koalitionsbeschlusses nicht geklärt, wer von dem Leistungsschutzrecht überhaupt inwieweit betroffen ist – gilt beispielsweise ein Blogger, der Werbeanzeigen auf seinem Privat-Blog einbindet, bereits als gewerblicher Anbieter oder ist es noch eine private Nutzung?
Die Abgrenzung bereite in der Praxis zu viele Schwierigkeiten, weswegen sich ein Leistungsschutzrecht nicht sinnvoll umsetzen lasse, so die ehemalige Justizministerin.”
http://www.computerbase.de/news/2012-04/leistungsschutzrecht-nicht-vor-naechster-bundestagswahl/
So zu tun, als wenn es hier ohne Gesetz Gewissheit gäbe, bei einer Koalition die nicht weiss, was sie will, ist absurd. Beim Zugangserschwerungsgesetz haben wir es gesehen: Im Wahlkampf hat Frau von der Leyen in Altersheimen Propaganda gemacht, sie wolle was gegen Kinderpornografie tun (tatsächlich wollte sie den Dreck aber nicht löschen, sondern nur rote Vorhänge vorhängen, damit ihre Klientel der katholischen Priester stets eine gute Versorgung hat (nach der Wahl hat man ja sogar den Schadensersatz für die Kinderschänder übernommen), dann hat man die Behörden rechtswidrig angewiesen, das Zugangsgerschwerungsgesetz nicht zu exekutieren (insbesondere die Ministerin aus der Telefon-FDP). Dann hat man gemeinschaftlich wieder ohne besondere Aussprache das ganze Gesetz wieder gestrichen und Ursula von der Leyen als politikunfähig hingestellt, die Gesetz nur für Wahlkämpfe in Altersheimen macht.
Bei solchen Chaoten so zu tun, es wäre irgendwas annähernd sicher, was noch nicht einmal als Gesetzentwurf vorliegt, ist grob unsachlich. Zumal auch Kissinger-Adlatus Guttenberg auch nicht mehr zur Durchsetzung absurder Gesetze wie beim Zugangserschwerungsgesetz zur Verfügung steht.
Aussagen über mögliche Politiken von CDU,. CSu und FDP sollte man daher seriöserweise immer in den Konjunktiv setzen. Beispiel: im Grundsatzprogramm der CDU wird immer noch veröffentlicht, dass wir auf absehbare Zeit nicht auf Atomenergie verzichten können, während heute Altmaier wieder das Gegenteil erzählte. Und dieser unausgegorene Spekulanten-Hickhack soll durch ein Leistungsschutzgesetz geschützt werden?
Tobias Fuentes
Solange jeder gewöhnliche Privatblogger rechtlich eben nicht als privat gilt, solange ist ein LSR abzulehnen. Wer auf dieses Problem nicht eingeht, redet an den Sorgen und an einem Kernproblem vorbei. Wenn untechnisch von einem Privatblogger geredet wird, muss man sich im Klaren sein, dass sie in der Regel! als gewerbliche Blogger gelten!
Christoph Keese
Ist ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage das einzige Problem, das Blogger haben, wenn ihr Blog als gewerblich eingestuft wird? Es ändert sich dann eine ganze Menge: Sie müssen eine neue Einkommensart bei der Steuererklärung einrichten, die Buchhaltung wird komplizierter, Pflichtmitgliedschaften in Kammern drohen. Wenn ein Blog als gewerblich gewertet wird, ist das nicht die Schuld der Verlage. Damit müssen Blogger erst einmal allein zurecht kommen. Was rechtfertigt aber eine Generalablehnung eines Leistungsschutzrechts, wie Sie sie gerade formulieren? Verstehen würde ich Sie, wenn Sie sagen würden: “Das Leistungsschutzrecht darf uns nichts kosten”. Oder: “Die Leistungen, die wir als Blogger in Anspruch nehmen, müssen im Tarif auf Null gestellt werden.” Oder: “Wir müssen mehr Geld aus dem System heraus bekommen als wir herein geben.” Oder: “Es muss ein Ausgleichsfonds geschaffen werden für Blogger, die mehr für das Leistungsschutzrecht ausgeben, als sie einnehmen.” Das alles wären legitime Forderungen, wie sie Journalisten und Gewerkschaften auch erhoben haben. Nicht einsichtig erscheint mir aber Ihre Position: “Ein Leistungsschutzrecht ist abzulehnen, solange jeder gewöhnliche Privatblogger nicht als privat gilt.” Diese Position ist meines Erachtens aus zwei Gründen nicht durchdacht: Erstens können Blogger – private wie gewerbliche – Einnahmen aus einem Leistungsschutzrecht erzielen. Warum sollten sie darauf verzichten, indem sie gegen ein Leistungsschutzrecht antreten? Zweitens hat der Status von Bloggern nichts mit dem Leistungsschutzrecht zu tun. Wenn Sie die Gewerblichkeit von Blogs generell ausschließen wollen, sollten Sie eine entsprechende Gesetzesinitiative anregen. Bis dahin lässt sich gewiss eine Lösung finden, die das Leistungsschutzrecht für Blogger attraktiv macht. Statt der jahrelangen Dauerwiederholung des Rufs “Wir sind gegen das Leistungsschutzrecht” wäre es doch mal einen Gedanken wert, eine Verhandlungskommission zu bilden und das Optimale für die Blogger heraus zu holen. Das wäre ein gestalterischer statt ein obstruktiver Ansatz.
Tobias Fuentes
Hallo,
mein Comment war aus Verärgerung zu abstrakt, aber Ihre Antwort bestärkt meine Sorge nur noch. Zunächst mal der Hinweis, dass ich das LSR nicht generell ablehne, da ich mich bisher noch nicht damit beschäftige. Ich hab auch keine sachfremden Vorbehalte – ich hab erst kürzlich Ihr (großartiges) Kap-Buch erworben und schätze Ihr Engagement.
Was das Problem der Blogger betrifft, so sehe ich aus Ihrer Antwort – als auch beim aktuellen gesetzgeberischen Diskussionsstand – kein Problembewusstsein. Es gibt kaum Blogs, die rechtlich (TMG bzw. GewO) als privat gelten. Ich wüsste nicht wann ich zuletzt oder überhaupt über ein privates Blog gestolpert bin. Die Betroffenen wissen meist selbst nichts von ihrem Unglück. Es reicht die Ad-Einbindung und man ist gewerblich. Und zumindest früher reichte eine bloße sonstige Produkterwähnung/Verlinkung zum Auslösen der Impressumspflicht. “Gewerbliche” kann man daher nicht über einen Kamm scheren. Meinetwegen oder sogar sicher werden/müssen manche, wenige gewerbliche/journalistische Blogger von einem LSR betroffen sein, aber doch bitte nicht alle. Dass dies beim fertigen LSR Berücksichtigung finden wird … davon ist erfahrungsgemäß NICHT auszugehen. Genau solche einfachen, aber folgenreichen, gesetzgeberische Versehen sind schließlich die Krönung jedes Gesetzeswerkes. Dass es auch diesmal so kommt, der Stand und die Entwicklung der Dinge deutet es an. Dann schlagen sich wie immer die Gerichte damit rum, es herrscht Verdruss und Rechtsunsicherheit. Wie man es tagtäglich erlebt.
Noch besser wäre es gewiss die unsäglich komplizierte und unklare Rechtslage für Blogger von vornherein zu vereinfachen und zu entschlacken. Ja aber, wer glaubt denn daran? Selbst auf Seiten der FDP herrscht hierzu überhaupt kein Problembewusstsein. Da kann man nichts erwarten. Man muss sich damit abfinden, dass Bloggen in Deutschland Irrsinn ist. Ich stand vor 2-3 Jahren davor hobbymäßig zu bloggen; das wäre anonym über türkische Kanäle gelaufen.
Soweit,
mit freundlichen Grüßen
TF
Daniel Schultz
Bevor die Frage nach dem “Wie” beantwortet wird, sollten wir bei der Diskussion zu der Frage nach dem “Ob” zurückkehren. Und bevor Sie die Blogger™ aufforderen, endlich konstruktiv das Leistungsschutzrecht auf den Weg zu bringen, sollten Sie die Frage nach dem Marktversagen, das so ein solches Leistungsschutzrecht überhaupt begründen würde, erstmal beantworten. Sie haben die Debatte ebenso wie ich verfolgt und wissen ebenso wie ich um die juristische Relevanz dieses Punktes. Aber das ignorieren Sie ja seit dreieinhalb Jahren ebenso, wie die Probleme, die ein dem Leistungsschutzrecht für Tonträgerhersteller gleichendes Leistungsschutzrecht für Presseverlage bringen würde.
Wolfgang Ksoll
Ach ja, Ihr Wutartikel hat ja nach Ankündigung ein wenig gedauert. Aber Sie zeigen nur, dass der Weg in Leistungsschutzrecht ein Irrweg ist, der durchzogen ist von Unwahrheiten und Ignoranz. Ich will nicht alles diskutieren, aber ein paar Sachen.
Herr Prantl ist ein politischer Mensch. Der verlässt sich auf Gesetze und Geschriebenes. Er hat den Koalitionsvertrag von CDU/CSU/FDP korrekt zitiert. Dagegen scheinen Sie sich lieber unpolitisch durchzutelefonieren und aktuelle Oralparolen von Kleinstparteien wiederzugeben. So wie Sie sich durch die FDP durchtelefonieren, können Sie sich auch durch die LINKE durchtelefonieren: Es hat keinerlei politische Relevanz. Gysi erzählt Ihnen was anderes als Lafontaine. Und beides ist unbedeutend für den Gesetzgebungsprozess.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel für Telefonpolitik: Leutheusser-Schnarrenberger erzählte immer großspurig, dass die FDP gegen das Zugangserschwerungsgesetz gewesen sei. Ist für den Bundestag auch richtig. Aber die Parteifreundinnen von L-H haben in Bayern und in Sachsen in schwarzgelben Koalitionen im Bundesrat für das Zugangserschwerungsgesetz gestimmt und damit erst ermöglicht. Das Geschwätz von SLS war bedeutungslos. Egal was die Ihnen ohne Mithörer am Telefon vorheuchelt. Lesen Sie es in den Bundesratsprotokollen und den Koalitionsverträgen nach. Politik läuft anders als Sie das halluzinieren.
Ein anderer Sachfehler, der Ihnen unterlaufen ist: ”
Offenbar sieht Prantl die Informationsfreiheit nur in Gefahr, weil er fälschlicherweise annimmt, Links sollten kostenpflichtig gemacht werden. ”
Prantl hatte was ganz anderes geschrieben:
“Es geht die Befürchtung um, dass auch kleine Privatblogs, die ein paar Artikel zitieren und verlinken, abkassiert werden sollen.”
Das steht ein und zwischen Zitat und Link. Sie tun falsch so, als wenn da nur kostenpflichtiger Link gestanden hätte. Das ist unsachlich.
Sie sehen selbst, dass die Problematik kompliziert ist. Ihre durch die Wut herbeigeführte Unsachlichkeit ist da nicht zielführend.
Aber e4s wird nichts passieren. Mutti hat längst resigniert. Sie bekommt mit den Telefontanten der FDP nichts mehr gebacken. Es gibt ja nicht mal einen öffentlich diskutierten Gesetzentwurf. Die ganzen Äußerungen von Ihnen, was ein kommendes Leistungsschutzrecht ausmachen würde, sind pure Spekulation ohne Gesetzentwurf. Wunschlisten Ihres Arbeitgebers. Kann man ja machen: Jeder Arbeitgeber kann jede Meinung kaufen, wenn er Arbeitnehmer findet, die sie vertreten. Aber das hat nichts mit demokratischem Prozess zu tun.
Prantl dagegen ist von Geburt Verfassungsrechtler. Der denkt sich was dabei, wenn er von Informationsfreiheit spricht, die Sie wegen der Bezahlung ihres Arbeitgebers nicht verstehen wollen. Aber nachdem Sie diese verquaste Replik geschrieben haben, sieht es eigentlich klarer danach aus, dass das mit dem Leistungsschutzrecht nichts wird.
Kulturelle Empfehlung: entspannen Sie sich. Ich war heute in Potsdam im Neuen Palais. http://www.friederisiko.de/
Dort ist wunderbar beschrieben, wie ein preussischer Ansatz aussieht. Friedrich hat als freundlicher Souverän Kunstwerke nicht geraubt sondern kopiert. Aus Dresden, aus Frankreich usw. Die Kopien haben dann seine Künstler weiterentwickelt und einen eigenständigen Flavor entwickelt. Wie Dirk von Gehlen, auch Süddeutsche Zeitung, es in “Mashup” auch entwickelt. So wird es kommen. Preußisch. Nicht so ein verquastes Leistungsschutzrecht. Die Stasi-Beschnüffelung von Schülern und Lehrern mittels Gestapo-Trojanern (wegen des “Urheberrechtes”) ist bei der Kultusministerkonferenz auch wieder vom Tisch. Und in Schleswig-Holstein sind in der Koalitionsvereinbarung jetzt auch Staatstrojaner verboten worden. Egal, was Ihnen Herr Kubicki alles Blaue vom Himmel am Telefon verspricht. Das Demokratie-Modell von Ihnen funktioniert nicht (mehr).