Vier Gründe, warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten sollten



Der Gesetzentwurf des Leistungsschutzrechts für Presseverlage ist in Blogs und Tweets heute lebhaft diskutiert worden. Es überwiegt die Kritik. Das neue Recht werde Bloggern schaden, die Meinungsvielfalt beschränken und das Netz zerstören, heißt es. Unklarheit der Gewerbedefinition führe zu Rechtsunsicherheit, Abmahnwellen und Prozesslawinen. Doch die Sorgen sind übertrieben. In Wahrheit müssen Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten, sondern können sogar von ihm profitieren. Hier vier gute Gründe:

  1. Blogger können mit dem Leistungsschutzrecht Geld verdienen. Der Gesetzentwurf legt in seiner amtlichen Begründung, die Bestandteil der Gesetzgebung ist, ausdrücklich fest, dass Blogger das Leistungsschutzrecht für sich geltend machen können, wenn sie dies wünschen. Es heißt dort wörtlich:

    Wenn ein Blog sich als eine redaktionell ausgewählte Sammlung journalistischer Beiträge darstellt, die fortlaufend unter einem Titel erscheint, wird auch ein Blogger durch das neue Leistungsschutzrecht geschützt und ist damit vergütungsberechtigt, wenn andere seinen Blog nutzen.

    Damit stellt das Leistungsschutzrecht eine potentielle Einnahmequelle auch für Blogger dar. Wer diese Einnahmequelle nicht nutzen möchte, weil er das Leistungsschutzrecht rundweg ablehnt, dem steht diese Entscheidung frei. Wer sie aber nutzen will, kann damit Geld verdienen. Wahrscheinlich ist die Vermutung nicht ganz unberechtigt, dass einige Blogger später von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden.

  2. Das Recht auf kostenloses Zitat bleibt voll erhalten. In der heutigen Diskussion im Netz ging es viel um die Frage, wer denn jetzt ein gewerblicher Blogger im Sinne des Gesetzes ist und wer nicht. Dabei blieb ein entscheidender Punkt zumeist unerwähnt: Die Gewerbedefinition wird nur für Blogger wichtig, die die Grenzen des Zitierens überschreiten. Dies dürfte eine kleine Minderheit sein. Die allermeisten Blogs binden Texteauszüge von Pressewebseiten und anderen Blogs lediglich als Zitate ein. Dies bleibt ihnen laut Gesetzentwurf weiterhin im bisherigen Umfang kostenlos gestattet. Im Gesetzestext heißt es in § 87 g Absatz 4 unmissverständlich:

    Im Übrigen gelten die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 entsprechend.

    Dieser Verweis setzt alle Schranken des Urheberrechtsgesetzes, auch das Zitatrecht, ohne Einschränkung für das Leistungsschutzrecht in Kraft. Das ZItatrecht steht im Abschnitt 6 unter § 51. Der hier maßgebliche Teil lautet:

    Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn
    (…)
    2.
    Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden,
    (…)

    Wenn Blogger also Auszüge von Texten, die vom Leistungsschutzrecht geschützt sind, in ein selbständiges Sprachwerk – spricht: ihren eigenen Blog – einbauen, ist dies nach § 51 jederzeit kostenlos möglich.

    Die große Mehrzahl der Blogger wird also niemals eine Lizenz nach Leistungsschutzrecht erwerben müssen, weil sie schlicht nur zitiert.

  3. Nur wer gewerblich aggregiert, ohne selbst zu schreiben, braucht eine Lizenz. Erst wenn ein Blogger Texte oder Stellen daraus übernimmt, ohne sie als Zitat in ein eigenes Werk einzubetten – sprich: ohne selbst etwas dazu zu schreiben -, muss er sich Gedanken machen, ob er eine Lizenz benötigt. Er braucht sie aber nur dann, wenn er gewerblich im Sinne des Gesetzes arbeitet. Der Gesetzentwurf zieht die Definition der gewerblichen Tätigkeit in der Tat vergleichsweise eng. Allerdings ist das für die allermeisten Blogger kein Grund zur Sorge, da sie die Grenzen des Zitierens einhalten und sich daher gar nicht mit der Gewerbe-Definition herumschlagen müssen.
  4. Wer privat blogt, muss überhaupt nichts für das Leistungsschutzrecht bezahlen. Im Gesetzentwurf steht unter § 87 g Absatz 4 ausdrücklich:

    Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen für nicht gewerbliche Zwecke.

    Das heißt nicht anderes als: Private Blogger zahlen nie etwas für das Leistungsschutzrecht, haben aber einen Anspruch auf Erlöse daraus. Das ist für Blogger eigentlich eine ziemlich gute Nachricht.

Überblick und Fazit

Private Blogger: Keine Ausgaben für das Leistungsschutzrecht, aber Chancen auf Einnahmen. Saldo niemals negativ, sondern neutral oder positiv.

Gewerbliche Blogger, die nur zitieren: Keine Ausgaben für das Leistungsschutzrecht, aber Chancen auf Einnahmen. Saldo niemals negativ, sondern neutral oder positiv.

Gewerbliche Blogger, die das Zitatrecht überschreiten und ohne eigene Textarbeit aggregieren: Pflicht zum Erwerb einer Lizenz.

Damit stellt das Leistungsschutzrecht für die allermeisten Blogger eine Chance auf finanziellen Gewinn dar. Nur die gewerblichen Aggregatoren müssen zahlen. Das ist nur fair, denn diese Blogger tun dies gewerblich und überschreiten die Grenzen des Zitierens.

Warum diese faire Lösung das Netz zerstören und die Meinungsvielfalt mindern soll, ist nicht ersichtlich. Solche Behauptungen sind haltlos.



 

112 Kommentare

 
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  26. (Pingback)

    [...] Presseschauder gibt es in 4 Stichpunkten zu lesen, “dass Blogger dieses Gesetz nicht fürchten sollten“. Seine Einschätzung klingt zumindest für diejenigen Blogger, die nicht gewerblich / kommerziell [...]

    Leistungsschutz ist Legalisierung von Abzocke - Nicht spurlos

    21. Juni 2012

     
  27. DasKleineTeilchen

    “Niemand hat ein Interesse daran, Bloggern das Leben schwer zu machen.” selten so gelacht, herr keese. merken sie eigentlich noch was? die mauer wollte ja auch niemand, nicht wahr? diese ganze *bitte keine kraftausdrücke in diesem blog* wurde doch von *ihrem* arbeitgeber auf den weg gebracht, wenn ich nicht irre.
    und in diesem zusammenhang von unterlassung von angeblicher “gossensprache” (“wenn Sie auf Gossensprache (“haltet Eure große Klappe”) verzichten könnten.”) zu schwadronieren, hat schon einen ganz eigenen witz. ein treppenwitz im hause springer.

     
     
  28. (Pingback)

    [...] “Public Affairs” der Axel Springer AG und Verteidiger des LSR, versucht, derartige Befürchtungen zu zerstreuen. Zitate sollen demnach weiterhin nichts kosten, außer für gewerbliche Blogger, die gegen das [...]

    We Are Social’s Tuesday Tune-Up #44 / we are social

    19. Juni 2012

     
  29. (Pingback)

    [...] sieht Deutschland in Euro-Krise in der Pflicht Emotionen: 22* In Blogs gefunden: Vier Gründe warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchtenDen einzigen denen das Leistungsschutzrecht aus meiner Sicht schaden wird sind die Verlage zu deren [...]

    Justizministerin verteidigt Leistungsschutzrecht für Verleger

    19. Juni 2012

     
  30. “Abmahnungen können nicht gegen den Wunsch des Rechteinhabers auf den Weg gebracht werden.”

    Es werden sich bestimmt Rechteinhaber finden, die das Instrument dann auch nutzen. Die Verlagslandschaft ist ja doch noch etwas umfangreicher.

    Schön, wenn Springer auf Abmahnungen dann verzichtet, aber ich fürchte, Sie können nicht für andere Verlage sprechen, oder?

    Ich fürchte, das Gesetz wird in der Form zu großer Unsicherheit führen.

     
     
    • Christoph Keese

      Für die Verlagswirtschaft lässt sich mit Bestimmtheit heute schon sagen, dass sie Abmahnungen nicht missbräuchlich oder inflationär einsetzen wird, schon gar nicht gegen unschuldige Blogger. Was andere Rechteinhaber außerhalb der Verlagsverbände – zum Beispiel Blogger – unternehmen werden, kann ich heute ebenso wenig vorhersagen wie Sie.

      Darf ich Ihre Anmerkungen so verstehen, dass Sie eine Verwertungsgesellschaftspflicht für klüger gehalten hätten, um einer Missbrauchsgefahr auszuweichen?

       
       
      • “Darf ich Ihre Anmerkungen so verstehen, dass Sie eine Verwertungsgesellschaftspflicht für klüger gehalten hätten, um einer Missbrauchsgefahr auszuweichen?”

        Nee bitte nicht :)

         
         
  31. Malte

    Ich kann verstehen, Herr Keese, dass eine entsprechende Ausdrucksweise Sie nicht unbedingt zum Antworten motiviert. Dennoch würde ich gerne wissen, was Sie in der Sache auf die Frage “Wofür das Ganze?” eine Antwort geben würden.

    Ich finde es im übrigen nicht wirklich fair: Diskussionen über ein LSR an sich gab es schon zur genüge, dies hier ist eine über den konkreten vorliegenden Gesetzesentwurf. Ein Gesetz bezieht sich nicht auf konkrete Fälle, sondern hat abstrakten Charakter und kann in einer Vielzahl von Fällen angewandt werden. In einer solchen Diskussion ist es daher nur angemessen und ehrlich, auf das gesamte Potenzial – also auch auf das Missbrauchspotenzial – einzugehen, und dies sollte nicht fortwährend mit einem “Die Verlage werden schon lieb sein!” vom Tisch zu wischen, davon abgesehen, dass Sie wohl kaum für “die Verlage” im Allgemeinen sprechen können. Sie können nicht von der Hand weisen, dass es in der Vergangenheit durchaus Zusammenstöße zwischen (Print-)Verlagen und Bloggern gab.

    Eine Antwort auf die 6vor9-Frage, wie Verlinkungen ohne eigenen Text (Bsp.: 6vor9 vom 15.6., Link 2 komplett, Links 4 und 5 größtenteils) zu bewerten sind, haben Sie trotz mehrfacher Wiederholung übrigens noch nicht gegeben. Möglicherweise haben Sie das übersehen (oder aber ich, aber ich glaube nicht)?

     
     
  32. Ich würde mich freuen, wenn herr Keese mal erklärt, wer jetzt letzendlich überhaupt was zahlen soll, und wenn das dermassen unter ferner liefen/irrelevant ist, warum dann der ganze Scheiß überhaupt eingeführt werden soll.

     
     
  33. Das klingt nett, was Sie da schreiben. Das mag auch Ihre Intention oder Interpretation des Entwurfs sein.
    Ich fürchte aber, dass sich nicht alle Juristen dieser Interpretation anschließen werden. Es werden Abmahnungen kommen.

    Zum zweiten: Wenn sich das Gesetz nur gegen Aggregatoren richten soll, warum werden die dann nicht eindeutig definiert? Das geht doch – Sie wissen doch, auf wen Sie zielen?

    Statt dessen liefert der Entwurf meiner Ansicht nach großen und gefährlichen Spielraum für Interpretation. Das wird nicht nur der Online-Szene schaden, sondern letztlich auch den Verlagen.

    Denn wenn das Gesetz so durch kommt werden viele Blogs auf Zitate und Links verzichten. Lieber vorsichtig bleiben. Und diese Links werden den SEO in den Verlagen fehlen.

     
     
    • Christoph Keese

      Abmahnungen können nicht gegen den Wunsch des Rechteinhabers auf den Weg gebracht werden. Wenn Verlage Blogger nicht abmahnen wollen, werden Blogger auch nicht abgemahnt. Ich glaube, dass viele der heute gehegten Befürchtungen unbegründet sind und sich in der Praxis schnell erübrigen werden.

       
       
  34. (Pingback)

    Vier Gründe, warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten sollten…

    Christoph Keese erklärt uns Bloggern also, warum wir uns nicht vor dem Leistungsschutzrecht fürchten sollen. Allerdings: Er hat zwar Recht mit der These, dass wir uns nicht fürchten sollten, seine vier Gründe sind meiner Meinung all…

    jensscholz.com 2.0

    17. Juni 2012

     
  35. Christoph (ein anderer)

    Herr Keese,

    was ist denn nun mit den Pingbacks? Die kopieren Ausrisse von fremden Texten, und das vollautomatisch, ohne jegliche Eigenleistung.

    Sehen Sie sich einfach mal die letzten 20 “Kommentare” hier an. Logischerweise fallen solche Pingbacks also zumindest potenziell unter das tolle neue LSR. Hurra!

     
     
    • Christoph Keese

      Muss man in seinem Blog nicht selber einstellen, ob man Pingbacks zulässt? Damit hat man ja gut die Möglichkeit, deren Verwendung selbst zu steuern. Ich glaube nicht, dass das Leistungsschutzrecht hier ein Problem wird.

       
       
  36. (Pingback)

    [...] Leistungsschutzrecht Erklärung bei SpON, Till Kreutzers rechtspolitische Analyse, Christoph Keese glaubt, dass Blogger nicht fürchten sollten [...]

    Protokoll vom 16. Juni 2012beiTrackback

    16. Juni 2012

     
  37. (Pingback)

    [...] auch ganz nett ist) noch eines abgemahnten, kurzen Textausschnitts eingehen will, packe ich den Link zum Artikel in einen unnötig langen selbst verfassten Text, so dass dieser hoffentlich, hoffentlich, [...]

    Links fürs Wochenende (nach dem Leistungsschutzrecht)

    16. Juni 2012

     
  38.  
  39. (Pingback)

    [...] der prominenteste Verfechter dieses Verlegerrechts, Christoph Keese von Axel Springer, im Beitrag “Vier Gründe, warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten sollten”. Siehe dazu auch “Von Pressetexten sollten künftig besser alle die Finger lassen” [...]

    Leistungsschutzrecht, SEO, DJV - YEPA NEWS

    15. Juni 2012

     
  40. Laevus Dexter

    Sehr geehrter Herr Kesse,

    was halten Sie persönlich von der Möglichkeit, dass ein Presseverlag seine Publikationen grundsätzlich und ausschließlich per Passwort für gebührenwillige Abonnenten freigibt und demzufolge nicht für jedermann veröffentlicht?

    Vorteile:

    1. Der Presseverlag kann sich zu 99,9% sicher sein, dass nur der Abonnent die so bezahlte Publikation lesen kann.

    2. Ein Nichtabonnent hat so kaum eine Möglichkeit, sich über die Publikation zu informieren und diese in diesem Zusammenhang zu zitieren oder zu verlinken.

    WIN-WIN!

     
     
    • Christoph Keese

      Sehr geehrter Herr Dexter,

      viele Verlage, auch wir, arbeiten derzeit intensiv daran, große Teile ihrer Angebote nur noch Abonnenten zugänglich zu machen. Dies hindert Aggregatoren jedoch nicht zwangsläufig daran, aus diesen Angeboten zu kopieren. Texte der New York Times, die hinter der Paywall stehen, tauchen seit einiger Zeit regelmäßig bei Aggregatoren auf.

      Doch selbst, wenn Verlage diesen Weg nicht beschreiten würden und alles ohne Aboschranke frei ins Netz stellen würden, wäre dies nicht gleichbedeutend mit der Genehmigung für Aggregatoren, frei aus diesen Angeboten zu kopieren. Etwas auf seiner eigenen Seite ins Netz zu stellen, heißt noch lange nicht, dass man Dritten damit gestattet, sich nach Belieben dort zu bedienen.

       
       
      • lofty

        “Texte der New York Times, die hinter der Paywall stehen, tauchen seit einiger Zeit regelmäßig bei Aggregatoren auf.”

        Die New York Times ist sehr speziell in dieser Hinsicht und taugt daher nicht zur Unterstützung Ihres Argumentes:
        “Dies hindert Aggregatoren jedoch nicht zwangsläufig daran, aus diesen Angeboten zu kopieren.”

        Die New York Times erlaubt es, zwanzig Artikel im Monat kostenfrei zu lesen. Beim Abruf des fünften Artikels wird ein sehr dezenter Hinweis eingeblendet, der für ein Abonnement wirbt. Nach dem zwanzigsten Artikel verdeckt dann ein solcher Hinweis das Angebot derart, dass Sie den Artikel nicht mehr lesen können.

        Die Umsetzung erfolgt technisch per Cookies + JavaScript + CSS. Das sind drei Vorrausetzungen, die Robots normalerweise nicht mitbringen. Ich habe gerade zu Testzwecken einen nicht speziell präparierten Robot auf die New York Times angesetzt und mir die Ergebnisse angeschaut: Dieser Robot bekam innerhalb kürzester Zeit mehr Artikel im Volltext, als ein Jahresabo umfassen würde.

        Es ist praktisch seit über einem Jahr, eigentlich seit der Errichtung der PayWall um das Angebot der NYT, bekannt, dass sie quasi ohne besonderes Zutun zu überwinden ist. Das dürfte auch die NYT wissen. Sie können auf sehr einfache Art Ihren Browser konfigurieren, dass Sie von der PayWall nichts mehr merken. Für Webcrawler in ihrer Standardeinstellung existiert diese auch nicht.

        Genau das ist der Grund, warum Aggregatoren nicht daran gehindert werden, aus dem Angebot der NYT zu kopieren. Es ist automatisch so; es würde sogar spezielle Eingriffe des Aggregators erfordern, Inhalte der NYT *nicht* zu kopieren.

        Warum sich allerdings die NYT für diese sehr spezielle Art entschieden hat, Online-Abonnements zu vertreiben, entzieht sich vollständig meiner Kenntnis. Ich gehe davon aus, dass sie schon wissen. was sie dort tun. Wir reden hier immerhin über die New York Times.

        “Doch selbst, wenn Verlage diesen Weg nicht beschreiten würden und alles ohne Aboschranke frei ins Netz stellen würden, wäre dies nicht gleichbedeutend mit der Genehmigung für Aggregatoren, frei aus diesen Angeboten zu kopieren. Etwas auf seiner eigenen Seite ins Netz zu stellen, heißt noch lange nicht, dass man Dritten damit gestattet, sich nach Belieben dort zu bedienen.”

        Der Gesetzgeber hat dem vor sehr langer Zeit einen Riegel vorgeschoben. Wo früher Neuerscheinungen ohne Rechtsbruch nachgedruckt wurden, war dieses auf einmal nicht erlaubt: Die Urheber erhielten übertragbare Ausschlussrechte. Allerdings war von Anfang an klar, dass diese Ausschlussrechte die Gefahr bergen, sinnvolle und nützliche Kommunikation zu unterdrücken.

        Das Urheberrecht stellt daher zunächst auf Werkschöpfung ab. Tralafitti sollte dem nicht unterliegen, auch – was Texte betrifft – keine Allgemeinheiten, kurze Aussagen, einzelne Wörter oder Buchstaben. Werke also. Das ist die globale Eingangspforte, durch die ein Schöpfer erst einmal gehen muss, bevor er zum Urheber wird. Selbst danach warten auf ihn die Schranken seines Rechtes.

        Seit geraumer Zeit, so etwa seit dem 19. Jahrhundert, ist zu beobachten, dass diese Eingangshürden und Schranken genauso geschleift werden, wie sich die Ausschließbarkeitsrechte zeitlich ausdehnen. Hätten die Verleger Geduld, würden sie in einigen Jahren als Urheberrecht genau das vorfinden, was Kern des Leistungsschutzrechtes ist: Tralafitti und Sprachfetzen, auf die Monopole gegründet sind. Nicht nur für ein Jahr, sondern, im Ergebnis einer Rechtsharmonisierung, Mickey-Mouse-hafte 70 oder 99 Jahre.

        Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage greift dieser Entwicklung vor: Es soll die Eingangshürde “Sprachwerk” rigoros niederreißen. Allerdings nicht als Recht der Urheber. Sondern nur für diejenigen, die das übliche Geschäft eines Verlegers ausführen: Einkaufen, veredeln, verkaufen. Das, was in einer Marktwirtschaft gang und gäbe ist und für das der Markterfolg alleiniger Schutz sein sollte.

         
         
  41. (Pingback)

    [...] “Warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten sollten” (14.6.2012, Christoph Keese, presseschauder.de) [...]

    Linksammlung Leistungsschutzrecht

    15. Juni 2012

     
  42. Mark

    Verleger: “Wenn Google den Nutzern mitteilt, was wir schreiben, schaden sie uns!”
    Google: “Okay, Nehmen wir euch eben raus.”
    Verleger: “Wenn Google den Nutzern nicht mitteilt, was wir schreiben, schaden sie uns!”
    So geschehen gerade in Belgien.
    Liebe Verlegerlobby, wenn ihr nicht wisst, was ihr wollt, haltet einfach eure große Klappe.

     
     
    • Christoph Keese

      @ Mark: Wir sind in Deutschland, nicht in Belgien. Für die Entscheidungen der belgischen Verleger sind die deutschen Verlage nicht verantwortlich.

      Wenn Sie auf meinem Blog mit diskutieren möchten, wäre ich Ihnen überdies dankbar, wenn Sie auf Gossensprache (“haltet Eure große Klappe”) verzichten könnten.

       
       
  43. dingPong

    Hallo Herr Keese,

    wie verhält es sich dann eigentlich mit Pressemitteilungen? Journalisten zitieren aus einer Pressemitteilung oder übernehmen sie sogar immer öfter komplett. So machen es zahllose Medienunternehmen – jeden Tag.

    Wo ist da der faire Ansatz davon zu sprechen, dass die Verlage damit Rechte an einem eigenen Werk erstanden haben? Insbesondere im B2B-Segment werfen die Fachverlage täglich Pressemitteilungen von Unternehmen ins Netz ohne auch nur ein Wort zu ändern. Mit welchem Recht wird daraus ein Werk des Verlages?

    Darüber hinaus ist es traurig zu sehen, dass jetzt nicht mal eine Verwertungsgesellschaft gegründet werden muss. Jeder Verlag kann jetzt womöglich seine eigenen Regeln aufstellen. Das ist bitter.

    Auch wenn Sie für Ihre Meinung vom Axel Springer Verlag bezahlt werden, können Sie doch nicht ernsthaft vertreten, das diese Lösung wirklich sinnvoll ist. Es geht hier nicht um Blogger. Es geht hier um eine Insellösung für das deutsche Internet.

    Hoffentlich hat eine demokratische Partei das Geld und den Mut gegen die deutsche Presselandschaft und das mögliche Gesetz bis vor die höchsten richterlichen Instanzen zu ziehen, um dieses geschäftsschädigende Treiben zu verhindern.

    Gruß dingPong

     
     
    • Christoph Keese

      @DingDong:

      Pressemitteilungen: Sie werden mit der bewussten Aufforderung und Genehmigung geschrieben und verbreitet, dass sie verbatim und in voller Länge übernommen werden können. Presse-Erzeugnisse sind bei ihrem Erscheinen ausdrücklich nicht mit dieser Genehmigung verbunden. Aggregatoren interpretieren die Erlaubnis zum Indexierung nur allzu gern als Erlaubnis zum Kopieren.

      Verwertungsgesellschaft: Die Vorzüge von Verwertungsgesellschaften habe ich in diesem Blog viele Male ausführlich begründet. Während der jahrelangen Debatte über das Leistungsschutzrecht haben viele Blogger und Wirtschaftsverbände sich gegen eine Verwertungsgesellschaftspflicht ausgesprochen. Der Gesetzentwurf nimmt diese Kritik ernst und verzichtet auf eine Verwertungsgesellschaftspflicht. Dafür können Sie bitte nicht die Verlage in Haftung nehmen. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, die Pros und Cons von Verwertungsgesellschaften früher abzuwägen.

       
       
  44. Vinc

    Ich seh´s schon kommen.
    Die Österreichischen Medienhäuser wirds teilweise freuen, teilweise grausen.
    Kein verlinken mehr zu den deutschen wegen LSR, aber sie werden mehr verlinkt auch von deutschen wegen LSR..

    Ansonsten widerspricht sich Herr Keese teilweise auch selbst, und sucht sich anscheinend nur die für ihn passenden relevanten Gusto Stückerl raus.

    Schade.

     
     
  45. noe

    So richtig gefährlich wird das Ganze doch eh erst, wenn die Zeitungen die Portale dicht und kostenpflichtig machen.
    Dann kann man noch nicht einmal mehr ausserhalb der geschlossenen Bereiche über Meldungen diskutieren, da dazu entweder ein bezahlter Zugang oder ein Komplett”zitat” des Artikels notwendig ist. Auf BILDBlog angewendet würde das zu einer Komplettblockade führen.

     
     
  46. Juliane Böckler

    Wir werden sehen, ob Blogger das Leistungsschutzrecht in seiner jetzigen Form fürchten müssen – sobald die erste Abmahnwelle gegen Privatleute durchs Netz gerauscht ist, wissen wir mehr.

    Es ist ein guter Tag für das Verlagswesen: da wurde politisch ein System maßgeschneidert, das in Zukunft durch Massenabmahnungen für neue, dicke Einnahmequellen sorgt. Das hat mit dem Schutz journalistischer Leistungen nichts mehr zu tun, sondern ist ein Kniefall vor der Lobby-Arbeit einer riesigen Branche.

    Es wird sich zeigen, wie die Verlage mit diesem neuen Freifahrtschein umgehen – und ob sie sich leisten können, sich bei ihren Lesern und Kunden ähnlich beliebt zu machen, wie die Massenabmahner der Film- und Musikindustrie.

     
     
  47. (Pingback)

    [...] es auch “beruhigende” Artikel, etwa von Christoph Keese auf Presseschauer. Er nennt “Vier Gründe, warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten sollten”, darunter diesen: “Nur wer gewerblich aggregiert, ohne selbst zu schreiben, braucht eine Lizenz. [...]

    Leistungsschutzrecht: Wie wärs mit einem Verlinkungsstreik für einen Tag?

    15. Juni 2012

     
  48. Sehr geehrter Herr Keese,

    So ein Käse, den Sie hier schreiben….
    Ohne genaue rechtliche Definition, was ein Zitat ist, wie lang, wie gekennzeichnet, ist der Klage- und Abmahnmafia Tür und Tor geöffnet.
    Zukünftig wird es keine Medienjournalisten mehr geben, dafür mehr Anwälte.

    dpa und dpad als “Originalquellen” werden sich auch an Ihrem Verlag dumm und dusselig verdienen.

    Und noch eins stößt mir sauer auf: Wo ist das LSR für Blogger, Twitterer und Social-Media-Beiträge?

    Die Zeitungen dürfen sich weiterhin Artikel aus Twitterzitaten zusammen stoppeln ohne dafür zu bezahlen.
    Sie dürften ohne Bezahlung aus meinem Blog zitieren und Fotos verwenden, wenn ich nicht das Geld für einen Anwalt habe….

    Lesen Sie den Kommentar von plor noch zwei- bis dreimal durch und denken Sie noch 6-mal nach, ehe Sie uns diesen Schwachsinn auftischen

     
     
    • Christoph Keese

      @ Petra:

      Ich bitte Sie, sich in Kommentaren auf dieser Seite eines gewählteren Tons zu bedienen. Beschimpfungen und Kraftausdrücke sind hier nicht erwünscht.

      Das Zitatrecht ist in Abschnitt 6 des Urheberrechtsgesetzes definiert, nicht bei den Leistungsschutzrechten. Es ist gewissermaßen vor die Klammer gezogen. Unklarheit, die das Gesetz heute noch lässt, hat die Rechtsprechung schon lange ausgeräumt. Es ist nicht Aufgabe eines Gesetzentwurfes über ein neues Leistungsschutzrecht, das Zitatrecht neu zu fassen oder zu konkretisieren. Es steht vor der Klammer. Sie können es dem Leistungsschutzrecht nicht anlasten, wenn sie die Zitat-Definition, die für alle Rechte des Gesetzes gilt, für unzureichend halten.

       
       
  49. Jan

    Private Blogger: Keine Ausgaben für das Leistungsschutzrecht, aber Chancen auf Einnahmen. Saldo niemals negativ, sondern neutral oder positiv.

    Gilt man dann nicht automatisch als gewerblich, wenn man Einnahmen aus dem “Leistungsschutzrecht” geltend macht?

    Und die Sache mit den Zitaten ist ja schön und gut, aber was macht der zitierende, wenig zahlungskräftige Blogger, wenn ihm ne Abmahnung eintrudelt, in der vertretend für Presseverlag P behauptet wird, sein Zitat sei keins, sondern verstoße gegen das brandneue “Leistungsschutzrecht”? Teuren Prozess finanzieren geht nicht – das ist doch die Grauzone, die die Gefahr einer Abmahnungswelle birgt oder nicht?

    Überdies ist mir immer noch nicht ersichtlich, was für Urheber mit dem “Leistungsschutzrecht” besser sein soll, als mit dem bereits bestehenden Urheberrecht…?

     
     
    • Christoph Keese

      @ Jan: Die Verlage werden unbescholtene Blogger aufgrund des Leistungsschutzrechts nicht abmahnen. Wenn Blogger das Leistungsschutzrecht selber in Anspruch nehmen und allein deswegen als gewerblich gelten sollten, was ich nicht weiß, werden sie als Nutznießer des LSR sicher auch nichts dagegen haben, ihrerseits etwas für die Nutzung von Leistungen anderer zu bezahlen. Das müssten sie aber nur, wenn sie über die Grenzen des Zitatrechts hinaus gehen.

       
       
  50. “Nur wer gewerblich aggregiert, ohne selbst zu schreiben, braucht eine Lizenz”

    Die meisten Links werden im Web 2.0 “geteilt” bzw. weiter getwittert und auf unzählingen Bookmark-Seiten versammelt, ohne “selbst etwas dazu zu schreiben”. Zahllose Widgets binden auf Blogs automatisiert News aus RSS-Readern (Titel, Link, erste Worte…) ein.

    Dies alles würde durch das LSR, sollte es so Gesetz werden, unterbunden bzw. rechtlich sehr riskant. Denn selbst wenn die Seite, auf der die versammelten “Snippets” erscheinen, keinerlei Einnahmemöglichkeiten zeigt, an sich also nicht gewerblich ist, wird sich doch häufig eine berufliche Nähe des Seiteneigners zu den händisch oder per Aggregator versammelten Links nachweisen lassen – womit es dann unter “gewerblich” fiele.

    Was ich absolut nicht verstehe, ist: wie kann man sich als Verleger-Lobby nur dermaßen ins eigene Fleisch schneiden? Wenn Verlinkungen und speziell auch die von mir gennanten Aggregationen / Linksammlungen nicht mehr möglich sind, weil “kostenpflichtig” bzw. abmahngefährdet, dann werden die aus dem Netz verschwinden – und damit schwinden unglaublich viele Weg, auf denen Leser bisher zu den Artikeln der Verlage fanden!

    Es geht mir nicht in den Kopf, wie man so bescheuert sein kann!

     
     
    •  
    • Christoph Keese

      @ClaudiaBerlin

      RSS: Mit Sicherheit werden RSS-Feeds auch in Zukunft kostenlos nutzbar bleiben. Darüber werden entsprechende Vereinbarungen getroffen werden.

      Ins eigene Fleisch schneiden: Weil das so ist, werden sich Verlage nicht ins eigene Fleisch schneiden, so wie Sie das vermuten.

       
       
  51. @Christoph Keese
    Dass der heutige Link auf ihren Blog vom LSR befreit ist, geschenkt! Aber was ist mit dem heutigen Link Nr.2 oder Link Nr.4? Was ist mit Link Nr.5 vom Freitag letzter Woche? Oder Link Nr.3 und Nr.5 vom Donnerstag? Oft genug arbeitet 6vor9 eben nicht zweifelsfrei mit klassischen Zitaten und gerade Bildblog ist ja eine Seite, der einige Verlage nur zu gerne ans Schienbein treten würden… Ich verspreche ihnen, das LSR in der Form wird ein Fest für Abmahnanwälte.
    Und die Leidtragenden werden kleinere und größere Blogs mit gigantischen Archiven sein, wo sich wunderbar viele Beispiele wie eben die genannten 6vor9-Links finden lassen. Und gerade durch die schwammige Ausrichtung der Pläne (Was ist gewerblich? Was ist Zitat?) haben es die “Schwächsten” am schwersten. Eine Abmahnung ist nunmal gerade für Publizierende, die nicht so liquide sind wie die großen Verlage, ein riesiges Problem. Und Prozesskosten sind erstmal teuer (unabhängig vom potentiellen Erfolg vor Gericht). Nicht jeder hat so viel Geld für Justizia beiseite gelegt wie die BILD.

     
     
    • Christoph Keese

      @ Plor:

      Sie malen den Teufel an die Wand. Gehen Sie bitte davon aus, dass die Verlage gute, praktikable und kluge Regelungen finden werden, die es den Blogs einfach machen werden, weiter zu arbeiten. Niemand hat ein Interesse daran, Bloggern das Leben schwer zu machen. Ganz im Gegenteil. Blogger sind wichtig und tragen mit ihren Leistungen wesentlich zur Lebendigkeit des Netzes bei. Es liegt den Verlagen fern, dies zu ändern oder zu unterbinden. Deswegen wäre etwas mehr Gelassenheit angebracht. Oder – falls Sie sich wirklich große Sorgen machen – die Aufstellung einer Interessenvertretung. Die Verlage hätten großes Interesse daran, mit einer Blogger-Vertretung zu reden. Es gibt sie nur leider nicht.

       
       
  52.  
  53. Christoph Keese

    @ Plor: Genau diese Sorte von Text, wie der BildBlog sie heute veröffentlicht hat, wird absolut nicht vom Leistungsschutzrecht berührt. BildBlog kann solche Texte weiter komplett kostenlos veröffentlichen, selbst wenn er gewerblich ist. Warum? Weil es sich um den klassischen Fall eines Zitats handelt. Es ist ein eigenes Werk, in welches ein Auszug aus einem anderen Werk eingebettet ist. Ein besseres Beispiel für ein Zitat hätten Sie gar nicht liefern können. Das Zitatrecht gilt beim Leistungsschutzrecht in vollem Umfang. Ihre Sorge ist damit absolut unberechtigt.
    Der Bildblog würde nur dann mit dem Leistungsschutzrecht in Berührung kommen, wenn er einen Text kopiert und auf seiner Seite ausspielt, ohne selbst etwas dazu zu schreiben. Aber genau das macht der BildBlog ja nicht.

     
     
    • Aber Herr Keese: Wer “einen Text” in voller Länge “kopiert und auf seiner Seite ausspielt”, tangiert doch bereits jetzt das bestehende Urheberrecht. Wie wir von den vielen Abmahnungen, die Presseverlage über Anwaltskanzleien verschicken, wissen. Wieso also sollte es ein Leistungsschutzrecht brauchen?

       
       
      • Christoph Keese

        ® Ronnie Grob: Vom Urheberrecht haben aber die Verlage nichts. Es kommt allein den Urhebern zu. Bitte verzeihen Sie, dass ich dies an dieser Stelle nicht noch einmal in aller Ausführlichkeit erläutern kann. Ich habe darüber viele Male in großer Ausführlichkeit in diesem Blog geschrieben. Bitte “Leistungsschutzrecht” in der Suchfunktion eingeben und auf de entsprechenden Artikel lese. Die Gründe stehen dort in großer Detailtiefe,

         
         
  54. llamaz

    Herr Keese, ich hab mal eine Frage: Nehmen wir an, daß Leistungschutzrecht kommt. Was wollen die Verlage eigentlich damit anfangen? Sie könnten dann zu Google gehen und sagen: Wenn ihr unsere Inhalte nutzen wollt, dann müsst ihr zahlen. Nur: Das können Sie doch heute schon.
    Ich sage Ihnen mal die Zukunft voraus: Am Tag nach dem das neue Leistungschutzrecht in Kraft tritt wird es eine neuen Standard für die robots.txt geben: leistungschutz-usage: free. Oder so ähnlich. Nur wer diesen Eintrag hat und damit einer kostenlosen Nutzung seiner Inhalte zustimmt wird noch in Google News aufgenommen. Und ich sage Ihnen noch was voraus: Sie werden alle diesen Eintrag in Ihrer robots.txt aufnehmen. Sie werden aufgrund der Konkurrenzsituation alle Lizenzen kostenfrei vergeben müssen.
    Aus Opt-Out wird Opt-In und sonst ändert sich überhaupt nichts.
    Was übrigbleibt sind massive Kollateralschäden für die Meinungsfreiheit.

     
     
    • Stefan

      Robots.txt ist eine einfache, funktionierende, zuverlässige technische Lösung.

      Die Verlage wollen aber nicht ausgeschlossen werden, sondern mitverdienen, und sind daher für einfache, zuverlässige technische Lösungen nicht zu haben.

      Würden präventiv Rechtsverletzungen verhindert (robots.txt), könnte man ja keinen mehr verklagen und entsprechend hohe Post-Mortem-Lizenzgebühren und Anwaltskosten geltend machen.

      (Stefan, der vor langer Zeit mal 450€ Lizenzgebühren plus Anwaltskosten für einen auf seiner privaten Homepage veröffentlichten 180×300 Pixel Ausschnitt aus einem Stadtplan zahlen musste, bevor es Google Maps gab. Natürlich hat dieser Anbieter hat dann auch gegen Google gekämpft, als irgendwann sein Abmahngeschäft gefährdet war, natürlich erfolglos.)

       
       
  55. Lieber Herr Keese,
    sie tauchen heute morgen übrigens bei Bildblog auf. Bei 6 vor 9 um genau zu sein (ist ihnen wahrscheinlich ein Begriff). Sechs spannende Links zur Medienwelt und zu interessanten medialen Debatten. Manchmal kurz kommentiert, oft aber auch nur Link+Zitat.
    Nach den derzeitigen Plänen des Leistungsschutzrechts könnten die dann in Zukunft dicht machen, weil:
    Bildblog = Kommerzielle Seite
    6 vor 9 = Link- und Presseaggregator, also nicht durch Zitatrecht geschützt.

    Schauen sie sich noch mal die Besucherzahlen auf ihrem Blog an, insbesondere wie viele Leser vom Bildblog kommen. Dann denken sie über ihre Position nach. Dann schauen sie noch mal auf die Zahlen, dann denken sie noch mal nach. Dann vergessen sie kurz ihren Arbeitgeber, schauen sie noch einmal auf die Zahlen… und denken sie noch ein letztes Mal nach. Das müsste eigentlich genügen.

     
     
  56. GustavMahler

    Klar gefragt, mit der Bitte um eine klare Antwort.
    Wenn das Gesetz so wie vorgesehen verabschiedet wird, wird dann Google aufgefordert werden, Lizensverträge (mit wem?) bezüglich Suchmaschineneinträge und news abzuschliessen?

     
     
    • Christoph Keese

      Ja. Eingeladen, nicht aufgefordert. Aber nicht für die Links, die weiter kostenlos bleiben, sondern für Texte und Textauszüge. Und nicht nur Google, sondern alle Aggregatoren.
      Mit wem: Jeder Rechteinhaber (Verlag, Blog) entscheidet selbst, ob und wie der das Recht wahrnimmt. Das Justizministerium hat sich gegen eine verpflichtende Wahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft entschieden. Deswegen lässt sich die Frage heute noch nicht klar beantworten – weil ja jeder Rechteinhaber selbst entscheidet. Wie diese Entscheidungen aussehen, lässt sich noch nicht absehen.

       
       
      • GustavMahler

        “Eingeladen, nicht aufgefordert.”

        Ich liebe die Deutsche Sprache; sie lässt so viel Freiraum, sich auch nicht klar auszudrücken, oder auch klar auszudrücken, was man klar nicht sagen möchte oder will, oder kann.
        Wichtig ist die Entscheidung, was hinter dem Begriff Einladung steht. Wenn in Gesprächen keine Einigung=Zahlung erzielt wird, dann wird geklagt?
        Ich habe bei google suche einmal einen einfachen “Nachrichtenlink” kopiert:

        “Grünen-Fraktionschef Trittin: Schockiert vom Herzinfarkt – SPIEGEL …
        http://www.spiegel.de/…/gruenen-fraktionschef-trittin-schockiert-vom-herz...
        “Es war knapp”: Der Herzinfarkt des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Trittin war offenbar gefährlicher als bisher bekannt. Anfangs kam es sogar zu einer …”

        Würde dieser link künftig unter das LSR fallen? Wenn ja, dann sperrt Euch Google (und andere Suchmaschinen) ganz einfach aus (Belgien lässt grüssen). Wenn nein, wo ist denn Eure Stossrichtung? Ich kann sie nicht erkennen. Und die Aggrgatoren. Die lachen nur darüber. Die sind in ihrer Vielfalt so international ausgerichtet, dass sie ggfls. ohne Probleme auf einen Artikel im Focus oder Bild verzichten können=nicht wichtig genug.
        Aus meiner Sicht verbleiben dann nur noch die Blogger. Mein Gott, ein erlobbytes Gesetz, um gegen eine Handvoll kleiner Leute vorzugehen? Dann gehen die eben anonym auf einen Server ins Ausland.
        Ich kann leider in Eurem Bemühen keine klare (=erfolgsversprechende) Richtung erkennen. Aber vielleicht kannst Du mir Deine Überlegungen mal expliziet erläutern (Beispiele erwünscht).

         
         
      • lofty

        Soweit es die Suchmaschinen und sicher die größeren Aggregatoren betrifft:
        Jeder Webseitenbetreiber hat bereits seit vielen Jahren das Leistungsschutzrecht.

        Zur Modellierung verwende ich das Robots Exclusion Protocol, hier als “robots.txt”. Das Modell (aus Sicht des Inhalteanbieters zugleich die Implementierung):

        >>>
        # § 87g (1) “Das Recht des Presseverlegers nach § 87f
        # Absatz 1 Satz 1 ist übertragbar.”
        # X-Suche hat von uns eine Lizenz erhalten
        User-agent: XBot
        Disallow:

        # § 87f (1) “Der Hersteller eines Presseerzeugnisses
        # (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das
        # Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen
        # Zwecken öffentlich zugänglich zu machen.”
        User-agent: *
        Disallow: /
        <<<

        Technisch bedingt in der umgekehrten Reihenfolge des Gesetzentwurfs. Es gilt die Prämisse, dass Nicht-Crawling (darum geht es technisch) keine Snippets beim Robot-Betreiber entstehen. Es kommt hier auf die tatsächliche Wirkung an.

        Das LSR ergibt sich aus der *Selbstverpflichtung* der namhaften Robot-Betreiber. Lizensierung ist möglich. Google geht noch weiter und bietet das Metatag "robots" mit Inhalt "nosnippet" an. Damit kann man unterschiedliche Lizenzmodelle entwickeln. Kaum ein Presseverleger pflegt sein LSR. Warum also sollte der Gesetzgeber tätig werden?

         
         
  57. (Pingback)

    [...] Ideen zum Internet wäre das Ergebnis möglicherweise verheerend und keineswegs so harmlos, wie es Christopher Keese, seines Zeichens einer der Hauptbefürworter des Ganzen aus dem Axel-Spring…: Dass das ja eigentlich voll toll sei, schon alleine weil Blogger damit jetzt ja auch was verdienen [...]

    Juhu! Leistungsschutz! | Sashs Blog

    15. Juni 2012

     
  58. [Der Blogger] braucht [eine Lizenz] aber nur dann, wenn er gewerblich im Sinne des Gesetzes arbeitet. Der Gesetzentwurf zieht die Definition der gewerblichen Tätigkeit in der Tat vergleichsweise eng.

    Der Gesetzentwurf definiert die in Abs. 1 genannten “gewerblichen Zwecke” überhaupt nicht. Lediglich der Kommentar skizziert einige Beispiele von gewerblich und nicht-gewerblich aggierenden Bloggern, die jedoch in sich widersprüchlich sind. Zum einen heißt es da: “Ein Blog verfolgt auch nicht allein deshalb gewerbliche Zwecke, weil er über Werbeeinblendungen des Hostanbieters Einnahmen für diesen generiert.” Im unmittelbar darauffolgenden Absatz jedoch: “Verwendet ein Blogger zu seinem Hobby-Blog Fachartikel aus einschlägigen Presserzeugnissen und blendet er zur Refinanzierung seiner Unkosten Werbebanner oder den Bezahl-Button eines Micropaymentdienstes ein, dann handelt er zu gewerblichen Zwecken und muss eine Lizenz erwerben. Darauf, ob der Blogger die Absicht hat, mit der Werbung einen Gewinn zu erzielen, kommt es nicht an.”

    Es verwundert doch sehr, dass scheinbar Werbebanner den gewerblichen Zweck ausmachen. Gleiches gilt für die von Krings und Kretschmer ins Spiel gebrachte “Gewinnerzielungsabsicht”, die den lizenzpflichtigen Nutzer vom Hobby-Blogger unterscheide. Denn beides läuft gegen das offenkundige Ziel dieses Gesetzes (i.e., Google News) ins Leere. Schließlich hat Google News weder Werbebanner noch Micropayment-Buttons. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist bei diesem Dienst nicht ersichtlich. Bei der “normalen” Google Suche dagegen schon, d.h. für die (kürzeren) Snippets dort wären wohl Lizenzgebühren fällig. Ob Google diese dann zahlt oder nicht doch eher die Notbremse zieht, bleibt abzuwarten. Letztendlich könnte das Leistungsschutzrecht die paradoxe Folge nachsichziehen, dass die Presseverlage aus der Google Suche, die “rund die Hälfte des Traffics der journalistischen Websites” (Burda) liefert, aufgrund drohender Lizenzgebühren gestrichen werden, wohingegen der Dienst, der ihnen vermeintlich durch zu lange Textausschnitte die Leser abspenstig macht, unbehelligt bliebe.

    Da Sie auf die Interpretationen im Entwurfskommentar so großen Wert legen, sei auch auf folgende Ungereimtheit hingewiesen. In den Anmerkung zu §87f findet man: “Das Leistungsschutzrecht schützt das Presseerzeugnis in seiner konkreten Festlegung und nicht die darin enthaltenen Schriftwerke sowie sonstige Elemente wie Graphiken, Lichtbilder oder Bewegtbilder. Der Schutz dieser Werke und Leistungsschutzgegenstände bestimmt sich nach den geltenden Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.” Nun verwenden Aggregratoren wie Google News aber gerade nicht die “konkrete Festlegung”, sondern nur das “darin enthaltene Schriftwerk” (wie ich vor anderthalb Wochen bereits ansprach). Sollte sich der Begriff des “Presseerzeugnisses” wirklich nur auf einen Artikel in seiner “konkreten Festlegung” (also konkretes Layout und Typographie) beziehen, ist er für Suchmaschinen und das übrige Internet vollkommen irrelevant. Aber ich vermute mal hier handelt es sich um einen Interpretationsfehler des federführenden Referenten, der alsbald korrigiert wird.

     
     
    • Moon

      Danke für die Ausührungen, TecoSCR. Bleibt also festzuhalten: 4 Gründe und alle Käse. Zwar keine Überraschung aber dennoch erstaunlich,mit welcher Chuzpe Herr Keese hier so offentlichlich gegen den Wortlaut im Versuch argumentiert, mit der eigenen Interpretation das Ganze zu verharmlosen.

       
       
  59.  
  60. Benny

    Herr Keese, merken Sie das eigentlich noch?

    “Private Blogger: Keine Ausgaben für das Leistungsschutzrecht, ABER CHANCEN AUF EINNAHMEN. SALDO NIEMALS NEGATIV, SONDERN NEUTRAL ODER POSITIV.”

    “Gewerbliche Blogger, die nur zitieren: Keine Ausgaben für das Leistungsschutzrecht, ABER CHANCEN AUF EINNAHMEN. SALDO NIEMALS NEGATIV, SONDERN NEUTRAL ODER POSITIV.”

    Wenn bei beiden, also privatem UND gewerblichem Blogger “ABER CHANCEN AUF EINNAHMEN. SALDO NIEMALS NEGATIV, SONDERN NEUTRAL ODER POSITIV.” steht, ist doch an der Definition irgendwas nicht richtig. Denn der Gesetzestext ist so angelegt, dass jeder Blog mit IRGENDWELCHEN Einnahmen schon als gewerblich anzusehen ist.

    Insofern fällt dieser Beitrag Ihrerseits, uns das LSR schmackhaft zu machen, leider unter Propagandawerk eines Verlegers, der schlichtweg zu faul oder zu blöd ist, sich ein anständiges, neues Geschäftskonzept einfallen zu lassen, mit dem er sich seine Einnahmen auch im Internetzeitalter sichern kann, anstatt ein Gesetz zu bemühen, welches Einnahmequellen der Vergangenheit künstlich beatmet.

     
     
    • Benny

      ….bzw beatmet werden sollen.

      Überdies kommt noch hinzu, dass Sie sich zum einen nicht äußern, warum etwa Bild.de überhaupt Snippets anbieten, die die Aggregatoren abrufen können. Sie verweigern sich schlichtweg der Realität, dass die Aggregatoren letzten Endes Ihre Zugriffszahlen weiter oben halten. Wenn ich bei GoogleNews ein interessantes Snippet lese, klicke ich da drauf und lande auf bspw. bild.de. Es ist also keineswegs so, dass diese Aggregatoren Ihr Gechäftsmodell gefährden, sondern vielmehr befeuern. Kurz gesagt: Sie wollen (zumindest wollten Sie das bis vor Kurzem), dass GoogleNews & Co. Geld dafür bezahlt, dass man User zu Ihnen schickt. Das ist, als würden Sie einen Kioskbesitzer dafür zur Kasse bitten, dass ich den Laden betrete und möglicherweise eine Zeitung/Zeitschrift kaufen werde.

      Dass Sie von dieser Forderung offenbar teilweise abgerückt sind, dürfte dem Umstand zu verdanken sein, dass Sie sehr wohl einsehen, dass Sie an die Kasse von Google nicht herankommen: Google macht GoogleNews eher dicht, als sich von deutschen Verlegern abzocken zu lassen.

      Der Referentenentwurf enthält so einige Grauzonen – auf Grundlage von Grauzonen funktionieren nämlich derzeit die allermeisten Abmahnwellen im Urheberrecht. Und an dieser Stelle wird eben die Gefahr für die Meinungsfreiheit gesehen: Wer Angst vor teuren Klagen hat, hält lieber seinen Mund. Unter diesem Aspekt halte ich dieses Gesetz auch für verfassungsrechtlich bedenklich: Ein Gesetz darf den Bürger nicht dazu bringen, auf seine Grundrechte zu verzichten, weil er unabsehbare Folgen fürchtet. Und genau dies tut das LSR.

       
       
    • Christoph Keese

      Tut mir leid, aber Sie haben das nicht richtig verstanden. Die Gewerbedefinition wird erst dann wichtig, wenn Sie mehr machen als nur zu zitieren. So lange Sie nur zitieren, kann Ihnen die Gewerbedefinition vollkommen gleichgültig sein. Sie sind dann immer vom Zitatrecht geschützt. Auch als gewerblicher Blogger dürfen Sie kostenlos soviel zitieren, wie Sie wollen.

       
       
      •  
      • lofty

        Wenn ich den erläuternden Text des Gesetzesentwurfs richtig verstanden habe, betreiben Sie ein gewerbliches Blog. In den Kommentarbereich blenden Sie Pingbacks ein: Snippets möglicherweise anderer zukünftiger LSR-Inhaber.

        Sie dazu: “Erst wenn ein Blogger Texte oder Stellen daraus übernimmt, ohne sie als Zitat in ein eigenes Werk einzubetten – sprich: ohne selbst etwas dazu zu schreiben -, muss er sich Gedanken machen, ob er eine Lizenz benötigt.”

        Werden Sie sich Gedanken machen oder vorsichtshalber das Pingback-Verfahren deaktivieren?

        Meine Anmerkung fußt dabei auf einem Argument aus einem Text von Till Kreutzer,
        http://irights.info/?q=content/referentenentwurf-zum-leistungsschutzrecht-eine-erste-ausfuhrliche-analyse
        [Beispiel einer getwitterten Artikelüberschrift ohne weiteren Kommentar] “[Sie] wäre [...] kein Zitat im urheberrechtlichen Sinne. [...] Sie wäre aber eine Nutzung nach dem Leistungsschutzrecht. [...] Bislang sind solche Hinweise auf andere Publikationen frei, weil ein solcher Absatz unterhalb der urheberrechtlichen Schöpfungshöhe liegt – und nicht wegen des Zitatrechts.”

        Das LSR verschärft damit das Urheberrecht, soweit es die Presse i.S.d. Entwurfs betrifft. S. eben die (Pingback)s. Eigentlich recht nützlich und unschuldig, werden sie erst durch das LSR zu Tretminen.

         
         
  61. greemin

    Stimme der Einschätzung zu. Den einzigen denen das Leistungsschutzrecht aus meiner Sicht schaden wird, sind die Verlage zu deren Nutzen es eingeführt werden soll. Wenn deren Artikel aus GoogleNews und ähnlichen Diensten verschwinden, werden Nutzer vermehrt auf ausländische Nachrichtenangebote zurückgreifen und die Onlineangebote der deutschen Verlage damit in die Bedeutungslosigkeit versinken.

     
     

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