Dokumentiert: Das Urteil das Landgerichts Köln zur Tagesschau-App



Die Wettbewerbskammer am Landgericht Köln unter dem Vorsitzenden Richter Kehl hat der ARD kürzlich untersagt, eine konkrete Ausgabe der Tagesschau-App weiter zu verbreiten. Damit hat das Gericht einer Klage mehrerer Verlage, darunter Axel Springer, stattgegeben. Das Urteil betrifft zwar nur diese eine konkrete Ausgabe der App aus dem Juni 2011, entfaltet eine allgemeinere, abstraktere Wirkung aber dadurch, dass Verlage auf Grundlage dieses Urteils nun gerichtliche Verbote gegen „kerngleiche Verstöße“ erwirken können. Wenn die ARD die Tagesschau-App weiter unverändert ließe, läge eine solche Kerngleichheit vor. Die Prüfung eines Gericht könnte, da die grundsätzlichen Fragen im vorliegenden Urteil schon weitgehend geklärt sind, deutlich kürzer ausfallen, was Verlagen die Möglichkeit gäbe, weitaus schneller Titel gegen jeweils tagesaktuelle Ausgaben zu erwirken. Ob sie dies tun oder vorhaben, sei dahingestellt. Auf diesen Mechanismus sei hier nur hingewiesen, weil einige Medien, darunter die Financial Times Deutschland, an der Wirkung des Urteils über die App vom Juni 2011 hinaus gezweifelt hatten. Hier der wesentliche Teil des Urteils im Wortlaut:

Tatbestand

Bei den 11 Klägerinnen handelt es sich um Zeitungsverlage, deren Angebot auch elektronisch, teilweise über sogenannte Apps, abrufbar ist. Die Beklagte zu 1 ist die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (künftig ARD). Der Beklagte zu 2, der Norddeutsche Rundfunk (künftig NDR) ist innerhalb der ARD verantwortlich für die Umsetzung des Telemedienangebots „Tagesschau-App”, das die Klägerinnen mit der vorliegenden Klage als wettbewerbsrechtlich unlauter angreifen.

Dem liegt folgendes zugrunde:

Der Rundfunkstaatsvertrag in seiner aktuellen Fassung enthält In § 11 d (erstmals nähere) Regelungen darüber, ob und in welcher Form die ARD, das ZDF und das Deutschlandradio über die herkömmlichen Fernseh- und Rundfunkangebote hinaus auch Telemedien anbieten dürfen, die journalistisch-redaktionell veranlasst und journalistisch-redaktionell gestaltet sind. Nach der Gesetzessystematik werden dabei unterschieden sendungsbezogene und nicht sendungsbezogene Angebote. In § 11 d Abs. 2 Nr. 3 letzter Halbsatz heißt es: „Nicht sendungsbezogene presseähnliche Angebote sind nicht zulässig”, Des Weiteren ist in § 11 d und § 11 f RStV im Einzelnen geregelt, wann und in welcher Form sog. Telemedienkonzepte vorzulegen sind, die in einem bestimmten Verfahren geprüft und genehmigt werden müssen. Wegen der Einzelheiten wird auf die gesetzlichen Bestimmungen verwiesen.

Die Beklagte zu 1 hat unter der Federführung des Beklagten zu 2 ein solches Telemedlenkonzept für das Angebot „tagesschau.d.e” entwickelt, das nach Durchlaufen des sog. Drei-Stufen-Tests mit Bescheid vom 17.08.2010 genehmigt wurde. Die hierzu eingereichten Unterlagen, Stellungnahmen und Bescheide sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Seit dem 21.12.2010 haben die Beklagten zusätzlich das Angebot Jagesschau-App” bereitgestellt. Dabei handelt es sich um ein Angebot, das – anders als das Angebot „tagesschau.de” für das Internet – für die verschiedenen Betriebssysteme von Smartphones und Tablet-PCs von jedem Interessenten kostenlos auf den jeweiligen Plattformen abrufbar ist. Mittlerweile soll es etwa 4 Millionen Downloads dieser Applikation gegeben haben.
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Wegen der Ausgestaltung im Einzelnen wird auf die Anlagen K 1 und die hiervon teilweise abweichenden Anlagen der Beklagten, jeweils zum Stichtag 15.06.2011, verwiesen.

Die Klägerinnen halten das Angebot in dieser Form für unzulässig, weil es gegen die zwingenden und den Markt im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG regelnden Vorschriften des RStV verstoße und führen hierzu aus:

Zwar sei es zutreffend, dass das Angebot „tagesschau.de” im Sinne der einschlägigen ‘Vorschriften des RStV vorgelegt, geprüft und genehmigt worden sei. Die Prüfung sei jedoch bereits am 31.08.2010 formell beendet gewesen und könne sich deshalb nicht auf das erst deutlich später gestartete Angebot der „Tagesschau-App” erstreckt haben. Dieses Angebot sei auch in den Unterlagen mit keinem Wort erwähnt worden.

Ein Rückgriff auf diese Prüfung scheide auch deshalb aus, weil es sich bei der App um ein dem selbständigen Markt der mobilen Kommunikation zuzurechnendes Angebot handle, das mit dem herkömmlichen Online-Bereich nicht vergleichbar sei.

Die App konkurriere vielmehr mit anderen mobilen Kommunikationsangeboten wie etwa mit den mobilen App-Portalen der Klägerinnen und sonstiger Verlage, aber auch mit klassischen Kommunikationsangeboten wie den (gedruckten) Tageszeitungen, die ebenfalls mobil überall genutzt werden könnten.

Da ein somit erforderlicher Drei-Stufen-Test nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht stattgefunden habe, sei das Angebot wegen Verstoßes gegen die zwingenden Regelungen des § 11 f RStV schon deshalb unzulässig.

Unabhängig davon sei das Angebot auch deshalb unzulässig, weil es sich hierbei um ein „nichtsendungsbezogenes presseähnliches Angebot” handle, was unter allen Umständen gegen § 11 d Abs. 2 Nr. 3 letzter Halbsatz RStV verstoße. Die Beklagten begriffen die Tagesschau-App selbst als Teil des Angebots tagesschau.de, das — insoweit zwischen den Parteien nicht im Streit — als nichtsendungsbezogenes Portal konzipiert und genehmigt worden sei. Deshalb verzichteten sie auch weitgehend auf die für sendungsbezogene Beiträge vorgeschriebene Kennzeichnung. Auch sachlich gingen die Beiträge weit über das hinaus, was in den jeweiligen Tagesschau-Sendungen berichtet werde. Insbesondere folge daraus auch, dass keine Rede davon sein könne, dass die thematische Aufcereitung nur mit Materialien und Quellen erfolgt sei, die ursprünglich für die konkrete Sendung gedacht worden seien. Vielmehr handle es sich um ein eigenständiges Informationsportal, was sich bereits aus der breiten Themenauflistung in der Inhaltsangabe ergebe.

Die konkrete Ausgestaltung sei auch in jeder Hinsicht als presseähnlich zu qualifizieren. Dem Nutzer erschienen die meisten Beiträge als typische Pressebeiträge, wie er sie auch in den verschiedenen Apps oder Online-Ausgaben der Klägerinnen und anderer Verlage finde. Auf die von den Klägerinnen hierzu vorgelegten Beispiele in den Anlagen K 12 bis K 18 wird verwiesen. Es müsse deshalb festgestellt werden, dass das streitgegenständliche Angebot all diejenigen Kriterien erfülle, die die digitalen Angebote der klagenden Verlage ebenfalls aufwiesen:

+ Anordnung nach Rubriken
+ Ganz überwiegend textdominiert, illustriert durch Standbilder
+ Tages-, zumindest wochenaktuelle Berichterstattung
+ Archivierung und Abrufbarkeit der Beiträge

Folglich sei die Tagesschau-App in der Lage, die Lektüre von „Presse” zu ersetzen. Diese Substituierbarkeit dokumentiere die „Presseähnlichkeit” des Angebots.

Zum Beleg hierfür verweisen die Klägerinnen auf eine Gegenüberstellung von Inhalten der Tagesschau-App mit beispielhaft ausgewählten App-Angeboten einiger Klägerinnen (Anlage K 20) und meinen, die Texte der Tagesschau-App entsprächen in Aufbau, Gestaltung und inhaltlicher Umsetzung nahezu 1:1 den Artikeln der Tageszeitungsverlage. In diesem Zusammenhang verweisen die Klägerinnen auf die Gesetzesbegründung zum 12, Rundfunkänderungsstaatsvertrag, wo es in Bezug auf das Verbot presseähnlicher Angebote heiße:

„Mit dieser Vorschrift (dem Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendebezug) trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass für die Nutzung im Internet gestaltete Angebote regelmäßig aus einer von Nutzern erwarteter Kombination verschiedener Elemente bestehen, die Texte, Ton und Bild verbinden, Vor diesem Hintergrund soll der Tendenz begegnet werden, dass von Rundfunkanstalten angebotene nichtsendungsbezogene Telemedien den inhaltlichen und gestalterischen Schwerpunkt in Texten setzen, Im Umkehrschluss kann ein solcher Schwerpunkt vermieden werden, wenn öffentlich-rechtliche nichtsendungsbezogene Telemedienangebote ihre Schwerpunkte in einer hörfunk- und/oder fernsehähnlichen Gestaltung haben.”

Angesichts der Textlastigkeit der Vielzahl einzelner Beiträge, die die Klägerinnen im Einzelnen aus den Anlagen K 1 und K 2 hervorheben, genüge es auch nicht, wenn teilweise am Ende der Beiträge oder an anderer Stelle ein Verweis in Form eines Links oder einer Verknüpfung auf Femseh- oder Hörfunkbeiträge erfolge, die im Übrigen mit dem Thema teilweise nur am Rande zu tun hätten und teilweise bereits längere Zeit zurücklägen. Dies führen die Klägerinnen näher aus.

Die Klägerinnen haben ursprünglich folgende Anträge angekündigt:

Den Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu E 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu B Monate, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt,

das Telemedienangebot „Tagesscheu-App”, wie beispielhaft in Anlage K1 enthalten — ausgenommen jene Angebotsinhalte in der Anlage K1, die eine hörfunk- und/oder fernsehähnliche Gestaltung aufweisen und ihren inhaltlichen und gestalterischen Schwerpunkt nicht in Texte setzen — zu verbreiten/verbreiten zu lassen,

hilfsweise,

Innerhalb des Telemedienangebots „Tagesschau-App” die in der Anlage K2 aufgelisteten Artikel zu veröffentlichen/veröffentlichen zu lassen.

Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung kamen die Parteien überein, Gespräche zur Streitbeilegung führen zu wollen, die in der Folgezeit auch stattfanden. Zu einer Einigung kam es nicht.

Die Kammer erließ einen Hinweisbeschluss, auf dessen Grundlage die Parteien weiter vortrugen.

Die Klägerinnen beantragen nunmehr, wie erkannt

hilfsweise,

innerhalb des Telemedienangebots „Tagesschau-App” die in der Anlage K 2 aufgelisteten Artikel zu veröffentlichen/veröffentlichen zu lassen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie haben zunächst die Auffassung vertreten, dass die ARD nicht passivlegitimiert Weil nicht rechtsfähig sei und dies naher ausgeführt.

Des Weiteren beanstanden sie auch die geänderte Antragsfassung als unzulässig, weil unbestimmt, jedenfalls aber die konkrete Verletzungsform verfehlend, soweit der Hauptantrag betroffen ist. Hierzu führen sie unter Darlegung im Einzelnen aus, dass die Anlage K 1 das Angebot der Tagesschau-App am 15.06.2011 teilweise nur unvollständig wiedergebe. Insbesondere fehlten in der Anlage K 1, die im Übrigen teilweise unleserlich sei, In mehreren Fällen dort vorhandene Links/Verknüpfungen zu Femseh- oder Hörfunkbeiträgen. Falsch sei es auch, verlinkte Seiten anderer ARD-Anstalten in die Anlage K 1 aufzunehmen, da diese nicht Teil des Angebots der Tagesschau-App seien. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags wird euf den Schriftsatz vom 31,05.2012, dort Seite 8-22 (Blatt 392 — 408 d.A.) und die hierzu in Bezug genommenen Anlagen verwiesen. Hierauf wird Im Rahmen der Entscheidungsgründe näher eingegangen.

Dle Beklagten meinen weiter, vermeintliche Verstöße gegen den RStV seien ohnehin einer wettbewerbsrechtlichen Überprüfung entzogen, weil diese Vorschriften keinen marktregelnden Bezug aufwiesen und führen dies näher aus. Jedenfalls stehe einer zivilgerichtlichen Überprüfung entgegen, dass das Telemedienkonzept tagesschau.de den sog. 3-Stufen-Test nach dem RStV erfolgreich durchlaufen habe, genehmigt worden sei und auch verwaltungsgerichtlich nach Ablauf der Jahresfrist nicht mehr angefochten werden könne.

Auch insoweit wird auf den entsprechenden näheren schriftsätzlichen Vortrag verwiesen.
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen handle es sich bei dem Angebot Tagesschau-App nämlich nicht um ein neues oder anderes Telemedienangebot im Sinne des RStV, sondern lediglich um das aufgrund technischer Notwendigkeiten angepasste Angebot von tagesschau,de für Smartphones und Tablet-PCs. Bei der Tagesschau-App handle es sich um eine sog. native Applikation, die lediglich die Empfangstechnik zum Abrufen von Angeboten mittels eines mobilen Smartphones ermögliche, ohne zusätzliche Inhalte bereitzustellen. Die Inhalte von tagesschau.de und der Tagesschau-App seien dementsprechend identisch. Da die Abbildungsfläche im Smartphone kleiner sei, werde lediglich der Inhalt in einem anderen leichter lesbaren Format dargestellt und aufgrund der geringeren Darstellungskapazität bestimmte inhalte, die mit herkömmlichen PCs zusätzlich abrufbar seien, nicht abgebildet. Insofern bestehe eine „reduzierte Identität”. Dementsprechend erstelle die Online-Redaktion auch nur einmal Texte, Bilder, Videos etc., die dann über entsprechende Ausspiel-Webserver bereitgestellt würden. Zur näheren Erläuterung verweisen die Beklagten auf eine grafische Darstellung (Blatt 44 d.A.).

Eine derartige Nutzung des Telemedienangebots sei auch im Vorfeld und während des 3-Stufen-Testverfahrens immer wieder erwähnt und erläutert worden. Die Beklagten zitieren hierzu aus vorgelegten Unterlagen, worauf Bezug genommen wird (Blatt 45 ff d.A. nebst Anlagen).

In der Sache selbst vertreten die Beklagten die Auffassung, bei dem streitgegenständlichen Angebot (in der vollständigen Fassung) handle es sich nicht um nichtsendungsbezogene presseähnliche Inhalte.

Es sei verfehlt, als Vergleichsmaßstab Applikationen von Verlegern heranzuziehen, die teilweise ähnlich gestaltet seien, indem sie zunehmend von den technischen Möglichkeiten Gebrauch machten, via Internet auch bewegte Bilder, eine Vielzahl von Fotos oder Audiobeiträge einzustellen.

Eine Presseähnlichkeit sei vielmehr immer schon dann zu verneinen, wenn bei dem Angebot eines der folgenden Merkmale vorliege:

+ Verknüpfung mit einem audiovisuellen oder Hörfunkbeitrag
+ Verschriftlichung eines TV- oder Hörfunkbeitrags
+ Verlinkung auf audiovisuelle Inhalte und Beiträge
+ Aufnahme von interaktiven Elementen.

Hierzu legen die Beklagten im Einzelnen dar, bei welchen der einzelnen Beiträge in der Anlage KI eines oder gar mehrere dieser Kriterien erfüllt seien. Hierauf wird verwiesen (Blatt 392 ff d.A). Daraus ergebe sich, dass die insgesamt 60 Seiten geprägt seien von audiovisuellen Verknüpfungen, von Verschriftlichung bereits ausgestrahlter Hörfunk- oder Fernsehbeiträge und von interaktiven Angeboten. Der rechtlich allein maßgebliche Gesamteindruck sei in deutlicher Weise presseunähnlich.

Die Presseunähnlichkeit ergebe sich außerdem daraus, dass der Gesamteindruck auch geprägt sei von fortwährenden Aktualisierungen während eines Tages, wie die Beklagten anhand von Beispielen näher ausführen. Auch deshalb sei im Übrigen die Anlage K 1 unzutreffend und unvollständig, weil die einzelnen Screenshots des Angebots vom 15.06.2011 zu verschiedenen Zeitpunkten an diesem Tag gefertigt worden seien. Wegen des weiteren umfangreichen Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und nach der Beschränkung durch den zuletzt gestellten
Hauptantrag im noch anhängigen Umfang begründet.

Der Passivlegitimation der Beklagten zu 1 steht nicht etwa entgegen, dass diese möglicherweise nicht über eine eigene „Rechtspersönlichkeit” verfügt. Auch nicht rechtsfähige Vereinigungen und Gesellschaften sind nach der ZPO zumindest passiv parteifähig. Von einer weiteren Darlegung sieht die Kammer ab, nachdem in der ersten mündlichen Verhandlung hierüber rechtliches Einvernehmen erzielt wurde.

Die Klage ist auch nicht deshalb unzulässig, weil der — zuletzt gestellte — Hauptantrag unbestimmt wäre. Dies traf für den ersten Hauptantrag zu, worauf die Kammer mündlich und schriftlich hingewiesen hat und der nicht gestellt worden ist. Soweit die Beklagten nunmehr geltend machen, auch der jetzt gestellte Hauptantrag betreffe nicht die konkrete Verletzungsform, betrifft dies nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage und ist deshalb dort zu prüfen.

Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerinnen Verstöße gegen das UVVG geltend machen. Ob dies zutrifft und in welchem Umfang das ordentliche Gericht zu einer Prüfung befugt ist, ist ebenfalls eine Frage der Begründetheft.

Bei der Prüfung der Begründetheft der Klage hat die Kammer nach ihrer Auffassung von folgenden rechtlichen Rahmenbedingungen auszugehen, die vom RStV vorgegeben werden und deshalb der Disposition der Parteien entzogen sind:

Zum gesetzlichen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gehört neben den herkömmlichen Angeboten von Fernsehen und Hörfunk auch das Angebot von Telemedien (§ 11 a RStV).

Grundsätzliches hierzu ist in § 11 d RStV geregelt, dessen wesentliche Bestimmungen wie folgt lauten:

§ 11d Telemedien

(1) Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio bieten Telemedlen an, die joumallstisch-redektionell veranlasst und journalistisch-redaktionell gestaltet sind.

(2) Der Auftrag nach Absatz 1 umfasst das Angebot von

1.
Sendungen Ihrer Programme auf Abruf bis zu sieben Tage nach deren Ausstrahlung, Sendungen auf Abruf von Großereignissen gemäß § 4 Abs. 2 sowie von Spielen der 1. und 2. Fußball-
Bundesliga bis zu 24 Stunden danach,

2.
inhaltlich und zeitlich bis zu sieben Tage danach auf eine konkrete Sendung bezogenen Telemedien soweit auf für die jeweilige Sendung genutzte Materialien und Quellen zurückgegriffen wird und diese Telemedien thematisch und Inhaltlich die Sendung unterstützend vertiefen und begleiten, ohne jedoch bereits ein eigenständiges Telemedienangebot nach § 11f Abs. 3 darzustellen; diese sendungsbezogenen Telemedien sind in Telemedienkonzepten entsprechend § 11f Abs. 1 zu beschreiben; Vorankündigungen sind zulässig,

3.
Sendungen und sendungsbezogenen Telemedien nach Ablauf der Fristen nach Nummer 1 1. Halbsatz und Nummer 2 sowie von nichtsendungsbezogenen Telemedlen nach Maßgabe eines nach § 11f durchgeführten Verfahrene; in den Telemedienkonzepten ist angebotsabhängig eine Befristung fur die Verweildauer vorzunehmen; nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote sind nicht zulässig und

4.
zeitlich unbefristeten Archiven mit zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten nach Maßgabe der gemäß § 11f zu erstellenden Telemedienkonzepte.

Im übrigen bleiben Angebote nach Maßgabe der §§18a bis e unberührt.

(3) Durch die Telemedlenangebote soll allen Bevölkerungsgruppen die Teilhabe an der Informationsgesellschaft ermöglicht, Orientierungshilfe geboten sowie die technische und inhaltliche Medienkompetenz aller Generationen und von Minderheiten gefördert werden. Bei
sendungsbezogenen Telemedien muss der zeitliche und inhaltliche Bezug zu einer bestimmten Sendung im jeweiligen Telemedienangebot ausgewiesen werden.

(4) Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZOF und das Deutschlandradio bieten ihre Angebote in ‘elektronischen Portalen an und fassen ihre Programme unter elektronischen Programmführern zusammen.

Dabei werden die Begriffe „sendungsbezogene Telemedien” und „presseähnliches Angebot” in § 2 Nr. 19 und 20 RStV wie folgt definiert:

Im Sinne des RStV sind unter sendungsbezogenen Telemedien zu verstehen: Angebote, die der Aufbereitung von Inhalten aus einer konkreten Sendung einschließlich Hintergrundinformationen dienen soweit auf für die jeweilige Sendung genutzte Materialien und Quellen zurückgegriffen wird und diese Angebote thematisch und inhaltlich die Sendung unterstützend vertiefen und begleiten, ohne jedoch bereits ein eigenständiges neues oder verändertes Angebot nach § 11f Abs. 3 darzustellen, ein presseahnliches Angebot nicht nur elektronische Ausgeben von Printmedien, sondern alle Journalistlech-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen.

§ 11 f RStV legt sodann fest, dass und nach welchen Kriterien erforderliche Telemedienkonzepte zu erstellen und zu genehmigen sind (sog. Drei-Stufen-Test).

Letzteres ist für das Telemedium tagesschau.de geschehen, wie die Beklagten durch entsprechende Unterlagen und Bescheide belegt haben und wie zwischen den Parteien auch nicht streitig ist.

Dies wiederum führt — insoweit entgegen der Ansicht der Klägerinnen — unter tatsächlicher Würdigung der Angebote der Beklagten zu folgenden weiteren Schlussfolgerungen:

Die Angebote tagesschau.de und Tagesschau-App stellen nicht unterschiedliche Angebote dar, die jeweils getrennt durch Telemedienkonzepte darzustellen, zu prüfen und zu genehmigen gewesen wären. Es handelt sich vielmehr um ein einheitliches Angebot, das lediglich technisch so aufbereitet wurde, dass es auch mit Smartphones und Tablet-PCs möglichst optimal nutzbar Ist. Die Beklagten haben im Einzelnen dargelegt, ohne dass die Klägerinnen dem substantiiert entgegengetreten wären, wie sich die technischen Abläufe gestalten und worin die (geringfügigen) optischen Unterschiede bestehen, ohne dass sich das Angebot inhaltlich verändern würde. Hierauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist es auch nicht so, dass aufgrund einer angeblichen anderen Marktsituation, wie sie bei Smartphones bestehen soll, dies in einem eigenständigen Konzept hätte dargestellt und geprüft werden müssen.

Es mag sein, dass der Markt und die Bedeutung von Smartphones deutlich zugenommen haben und dass angesichts der immer preisgünstigeren Zugangsmöglichkeiten zum Internet die diesbezügliche Nutzung intensiver und bedeutsamer geworden ist. Es mag auch sein, dass dem Rechnung tragend auch die Presse in zunehmendem Umfang internet- bzw. smartphonefähige Applikationen bereitstellt, um an diesem Markt teilzuhaben und — wenn möglich — ihr Angebot gegen Entgelt anzubieten. Dies führt jedoch nicht zu einer anderen Art von Telemedium im Sinne der gesetzlichen Vorschriften. Zum einen trifft es zu, wenn die Beklagten vortragen und anhand mehrerer Quellen belegen, dass diese Entwicklung bereits im Telemedienkonzept berücksichtigt und dementsprechend in die Prüfung mit einbezogen wurde. Zum andern kann es nach Auffassung der Kammer angesichts der insoweit eindeutigen Gesetzeslage nicht darauf ankommen, ob auch die Presse neue Marktchancen für sich nutzen möchte. Abzustellen ist vielmehr auf die inhaltliche Ausgestaltung des Angebots und anhand der gesetzlichen Vorgaben ist zu prüfen, ob dies den Vorgaben entspricht. Wollte man dies anders sehen, wären Telemedien schon immer dann unzulässig, wenn auch die Presse ansatzweise ähnliche Inhalte anbieten würde.

Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass rechtlich auch bei der Tagesschau-App von einem Telemedium auszugehen ist, welches den 3-Stufen-Test im Sinne des § 11 f RStV durchlaufen hat und genehmigt worden ist. Ein generelles Verbot mit der Begründung, es fehle an der erforderlichen Genehmigung, kommt deshalb nicht in Betracht.

Dies führt allerdings nicht dazu, dass das konkrete Angebot einer gerichtlichen Überprüfung, erst recht einer solchen durch die Zivilgerichte, generell entzogen wäre. Dabei bedarf es keiner Entscheidung über die von den Parteien kontrovers diskutierte Frage, welche Rechtsqualität der Genehmigung zukommt und/oder ob eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Genehmigung als solcher möglich gewesen wäre. Streitgegenstand ist nach dem Jetzt gestellten Klageantrag ,,nur” noch die konkrete Ausgestaltung des Angebots (zu einem bestimmten Zeitpunkt) mit der Begründung, dieses Angebot verstoße gegen das Gesetz, weil es — durch einzelne Artikel oder in der Gesamtschau — presseähnliche nichtsendungsbezogene Inhalte aufweise. Dies kann nicht genehmigt werden, sondern ist von Gesetzes wegen stets unzulässig. Genehmigt worden ist lediglich ein Konzept, nicht eine wie auch immer geartete konkrete Umsetzung.

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei § 11 d Abs. 2 Ziff.3 letzter Halbsatz auch zweifelsfrei um eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Der Gesetzgeber war offensichtlich bestrebt, im Rahmen seiner Regelungsbefugnis und unter Berücksichtigung der grundrechtlich verbürgten Pressefreiheit sicherzustellen, dass trotz der Erweiterung des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf den Bereich der Telernedien der Kernbereich der Pressefreiheit unangetastet bleibt, Ungeachtet der möglicherweise „suboptimalen” Umsetzung wird ohne Zweifel deutlich, dass jedenfalls der Markt Insoweit abgegrenzt werden sollte, dass die Berichterstattung inhaltlich beschränkt sein soll. Andernfalls wären die relativ detaillierten Regelungen und Einschränkungen nicht verständlich, zumal hier auch Vorgaben des Gemeinschaftsrechts bestanden, worauf die Beklagten in anderem Zusammenhang zutreffend hinweisen.

Bezüglich der weiteren Vorfrage, worauf bei der Prüfung abzustellen ist, ist die Kammer der Auffassung, dass nicht einzelne Beiträge zu prüfen sind, sondern nur auf das Gesamtangebot abgestellt werden darf. Dies hat die Kammer bereits in ihrem Hinweisbeschluss vom 09.11.2012 zum Ausdruck gebracht und hält hieran auch nach erneuter Überprüfung unter Berücksichtigung der von den Klägerinnen geübten Kritik fest. Maßgeblich für diese Einschätzung ist an dieser Stelle bereits die Überlegung, dass der Gesetzgeber erkannt und gewollt hat, dass entsprechende Informationsportale (= Telemedien), um ihren Zweck zu erfüllen, aus einer Mischung von sendungsbezogenen und nichtsendungsbezogenen Informationen bestehen werden. Zu prüfen und zu genehmigen war deshalb ein Gesamtkonzept, bestehend aus beiden Komponenten. Zutreffend ist zwar, dass sich das Verbot der Presseahnlichkeit ausdrücklich nur auf nichtsendungsbezogene Angebote bezieht. Gleichwohl wird sich eine Presseähnlichkeit nur in der Gesamtschau feststellen lassen, weil — wie noch näher auszuführen sein wird — bei der Beantwortung der Frage der Presseähnlichkeit auf die Sicht des außenstehenden Nutzers abzustellen und zu fragen ist, ob dieser das (Gesamt-)Angebot als „Presseersatz” ansieht, Das wiederum kann aber nicht anhand eines einzelnen Beitrags beurteilt werden, sondern muss unter Würdigung des gesamten Auftritts wertend festgestellt werden.

Diese Gesamtwürdigung führt dazu, dass das Angebot in der konkreten Form, die zur Überprüfung gestellt worden ist, gegen § 11 d Abs. 2 Ziff.3 letzter Halbsatz RStV verstößt.

Gegenstand der Prüfung konnte trotz der hieran geübten Kritik der Beklagten die von den Klägerinnen erstellte und eingereichte Anlage K 1 sein. Zwar trifft die lapidare Auffassung der Klägerinnen in ‘dieser Form ersichtlich nicht zu, dass sie es schließlich sei, die den Streitgegenstand bestimme. Richtig ist vielmehr, dass zu einem schlüssigen Klagevorbringen und einer richtigen Antragstellung auch gehört, einen Streitgegenstand einzuführen, der einer tatsächlichen Verletzungshandlung entspricht. Gerichte sind nicht dazu da, über fiktive Streitgegenstände zu entscheiden. Hier hat es den Anschein, als ob die Internetausdrucke zu unterschiedlichen Tageszeiten gefertigt worden wären, also ‘nicht exakt eine „Momentaufnahme” wiedergeben. Richtig könnte auch sein, dass einzelne Beiträge weiterführende Hinweise auf Audio- oder Video-Beiträge enthalten, die in der Anlage K 1 fehlen, Schließlich trifft es auch zu, dass verlinkte Beiträge nicht (unmittelbar) zum Angebot Tagesschau-App gehören. Letzteres hat die Kammer dementsprechend auch unberücksichtigt gelassen. Die übrigen Beanstandungen ändern nichts an der Gesamtbewertung, so dass die Anlage K 1 noch eine ausreichende Beurteilungsgrundlage bietet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Inhalt zu einem anderen Tageszeitpunkt einen ins Gewicht fallenden anderen Gesamteindruck aufgewiesen haben könnte, die Beklagten haben hierzu Jedenfalls nichts vorgetragen. Ferner ist unerheblich, ob und wann zu anderen Tageszeiten über einzelne Themen in der Tagesschau berichtet wurde. Dadurch allein werden die Beiträge nicht sendungsbezogen (siehe sogleich).

Bei der Prüfung der Presseähnlichkeit hat die Kammer die von den Parteien vorgelegten Gutachten und Beiträge zur Kenntnis genommen, die zu extrem unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Nach Auffassung der Kammer ist von folgenden Grundüberlegungen auszugehen, wobei sowohl auf die Intention des Gesetzgebers als auch auf das Nutzerverhalten abzustellen ist.

Unmittelbar aus dem Gesetz (§ 2 Nr. 20 RStV) ergibt sich zunächst ein gewichtiger Anhaltspunkt dafür, dass bei der Presseähnlichkeit auf Zeitungen oder Zeitschriften als Vergleichsmaßstab abzustellen ist, also auf die herkömmlichen typischen Printmedien. Kein geeigneter Vergleichsmaßstab ist deshalb das App- oder elektronisch zusammengefasste Angebot verschiedener Verlage, das diese zunehmend ebenfalls anbieten. Die Kammer hat weiter oben bereits zum Ausdruck gebracht, dass es nicht im Belieben der Verlage stehen kann, durch eine Ausweitung des eigenen Angebots die Befugnisse des Rundfunks zu beschränken.

Gestützt wird diese Überlegung dadurch, dass sich der Gesetzesbegründung entnehmen lässt, dass textlastige Beiträge gerade unerwünscht sind, weil dies pressetypisch Ist. Auf die vorgelegten Auszüge wird verwiesen. Danach soll ausweislich der Gesetzesbegründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag gerade der Tendenz begegnet werden, ,dass von Rundfunkanstalten angebotene nichtsendungsbezogene Telemedien den inhaltlichen und gestalterischen Schwerpunkt in Texten setzen” (vgl. das Zitat im Tatbestand.)

Wesentlich ist für die Kammer auch, auf die Sicht der Nutzer abzustellen. Presseähnlich ist aus dieser Sicht ein Angebot, das geeignet ist, als „Ersatz” für die Lektüre von Presse im Sinne von Zeitungen oder Zeitschriften zu dienen. Dabei wird Im Einklang mit der Begriffswahl „presseähnlich” kein vollständiger Ersatz zu fordern Sein, aber doch immerhin eine Informationsdichte und —breite, die an Presseerzeugnisse heranreicht, insbesondere was die Ausführlichkeit im Sinne von Umfang anbelangt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die von ihr genannten Kriterien deshalb nicht geeignet, eine Presseunähnlichkeit zu begründen. Dass am Ende von Beiträgen Verknüpfungen mit einem audiovisuellen oder einem Hörfunkbeitrag erfolgen (jedenfalls teilweise), ist aus der Sicht des Nutzers irrelevant. Er stellt zunächst auf die Informationen ab, die ihm unmittelbar zugänglich sind. Ebenso untauglich ist der Umstand, dass einige der Beiträge die „Verschriftlichung” von TV- oder Hörfunkbeiträgen darstellen mögen. Das erkennt der Nutzer nicht, er nimmt lediglich den Text wahr. Verlinkungen und die Aufnahme von interaktiven Elementen wird er als dem Medium geschuldete zusätzliche Serviceleistungen erkennen, nicht aber abgrenzend als presseunähnlich einstufen.

Bei dieser Einschätzung spielt wiederum die vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung zwischen sendungsbezogenen und nichtsendungsbezogenen Telemedien eine gewichtige Rolle. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollen sendungsbezogene Telemedien (vgl. die gesetzliche Definition in § 2 Nr.19 RStV) in weitem Umfang und ansatzweise auch ohne Einschränkungen zulässig sein, wenn sie denn die ausdrücklich genannten Kriterien erfüllen, insbesondere der Sendungsbezug ausdrücklich ausgewiesen ist. Der ausgewiesene Sendungsbezug stellt auch nach Auffassung der Kammer ein wichtiges Kriterium für den Nutzer dar. Er erkennt sofort und zweifelsfrei, dass das Angebot (nur) der thematischen und inhaltlichen Vertiefung (so das Gesetz) einer ganz bestimmten Sendung dient, also kein eigenständiges Angebot darstellt und deshalb auch Presse nicht „ersetzen” kann.

Die Beklagten haben es jedoch in weiten Teilen unterlassen, diesen Sendungsbezug herzustellen und sich ausdrücklich das Format als nichtsendungsbezogen genehmigen lassen. Dass — in welcher Form auch immer — häufig zu irgendwelchen Sendungen ein Bezug hergestellt werden kann, liegt in der Natur der Sache, macht die Beiträge aber nicht sendungsbezogen im Sinne des Gesetzes. Deshalb muss auf die Ausführungen der Beklagten dazu, dass und wann zu bestimmten in der Anlage K 1 enthaltenen Themen auch in der Tagesschau oder anderen Sendungen der ARD berichtet wurde, nicht weiter eingegangen werden.

Umgekehrt schaden aber entgegen der Auffassung der Klägerinnen die ausführliche Inhaltsangabe und die damit einhergehende Vielzahl von Informationen für sich betrachtet noch nicht. Zwar mag der Nutzer erwarten, dass er entsprechend viele Informationen abrufen kann. Welcher Art diese Informationen sind (etwa presseähnlich oder nicht), kommt hierdurch aber noch nicht zum Ausdruck.

Unter Zugrundelegung dieser allgemeinen Überlegungen zeigt die Prüfung des Auftritts vom 15.06.2011, dass in der Gesamtschau die ,,presseersetzenden” Einzelbeiträge einen breiten Raum einnehmen und den Gesamteindruck so wesentlich (mit-)bestimmen, dass das Angebot insgesamt als presseähnlich im Sinne des Gesetzes einzustufen ist, weil es sich dem Nutzer ohne weiteres als „Zeitungsersatz” darstellt. Maßgeblich ist dafür die ausführliche Textdarstellung Insbesondere folgender für das Tagesgeschehen wichtigen Beiträge:

So wird über den Griechenland-Streik und die damit unmittelbar verbundenen Themen von Sparmaßnahmen und weiteren Milliardenhilfen in einer Art berichtet, die sich dem Nutzer als vollständiger redaktioneller Beitrag darstellt und in dem vergleichsweise ausführlich — ohne dass das Bedürfnis nach weiterer Information geweckt wird •- die Problematik abgehandelt wird, und zwar gleich durch mehrere Artikel, die einander vertiefen und ergänzen.

Entsprechendes gilt für die sehr ausführliche Darstellung der Entziehung des Doktorgrades von Frau Koch-Mehrin, die ebenfalls breiten (textlichen) Raum einnimmt, sowie für die Berichterstattung über die Insolvenz von TelDaFax, die Kosten der Energiewende, den Tod von Ulrich Schamoni, die Solarflieger, die Piraten oder über Lukaschenko und Papandreou. Alle diese Beitrage sind dadurch gekennzeichnet, dass sie textlich in breiter Form unter Schilderung von Einzelheiten und unter Verwendung von wörtlichen Zitaten die jeweiligen Themen abhandeln und nicht etwa nur in kurzer Form, wenn auch über eine bloße Inhaltsangabe hinausgehend, das Thema anreißen und auf weitergehende (nicht textbasierte) Informationen an anderer Stelle verweisen. Deshalb stellt es nach Auffassung der Kammer auch kein taugliches Argument dar, auf die Summe der Audio- und Bewegtbilderinhalte zu verweisen, die angeblich ein Vielfaches der Textbeiträge ausmachen. Dies ändert nichts an der optischen Dominanz der „zeitungsähnlichen’ Textbeiträge ohne (ausgewiesenen oder erkennbaren) Sendungsbezug.

Zusammenfassend stellt die Kammer aus gegebenem Anlass allerdings nochmals klar, dass sich das soeben begründete Ergebnis lediglich auf die konkrete zur Beurteilung anstehende konkrete Verletzungsforrn beziehen kann und keinerlei allgemeine Aussage zur Zulässigkeit oder Länge von Texten und/oder deren Ausführlichkeit auf den Inhalt bezogen enthält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Dabei war zu Lasten der Klägerinnen eine Kostenquote auszusprechen, weil sich der neugefasste Klageantrag als teilweise Klagerücknahme darstellt. Die Klägerinnen haben nicht nur den zuvor unbestimmten und damit unzulässigen Antrag durch eine Neuformulierung in eine zulässige Fassung gebracht, sondern auch in der Sache ein weitergehendes, nämlich verallgemeinerndes Verbot der Jagesschau-App” erstrebt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.



 

18 Kommentare

 
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  9. Hi just wanted to give you a brief heads up and let you
    know a few of the images aren’t loading correctly. I’m not sure why but I think its
    a linking issue. I’ve tried it in two different browsers and both show the
    same outcome.

     
     
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  11.  
  12. Der Dr Döpfner prahlt einerseits, dass werbefinanzierte Medien viel unabhängiger seien…gleichzeitig wird ein Staatsvertrag erwirkt, der es verbietet, von mir mitbezahlte Inhalte (GEZ) dauerhaft zu veröffentlichen. Also, Frage: wenn das kapitalistische System so toll ist, warum dann diesen Staatsvertrag und die App-Klage.
    Und gleich die Folgefrage: werdet Ihr “Privaten” auch nach Ausgeglichenem Wettbewerb rufen wenn Ihr mehr Umsatz macht als die “Staatlichen”? Das will ich mal sehen, wie die SpringerAG den Staat subventioniert.

     
     
  13.  
  14. kleitos

    Mich wundert an dieser Stelle nur, dass die Richter die App nicht ausgedruckt haben …

    Wer im Zeitalter von Crossmedia noch versucht, Text, Bild und Ton kübstlich zu trennen, der sollte mal auf den Kalender gucken oder jemanden Fragen, der davon Ahnung hat.

    Irgendwann wird vielelicht mal ein Qaulitätsjournalist auch den Verlegern das Thema “disruptive Innovationen” nahebringen:

    http://en.wikipedia.org/wiki/Disruptive_innovation

    Gleich im ersten Satz wir ddie Zukunft der Verleger dargestellt und weswegen sie da landen werden.

     
     
    • Sie werden sich noch mehr wundern: Nicht die Richter haben die App ausgedruckt, sondern die Kläger. Anders kann man die Beweisstücke der Akte nicht beifügen. Das ist auch gut und richtig so. In dem Verfahren ging es ja um die Ausgabe eines einzigen Tages.

      Was disruptive Innovation ist, weiß ich nun wirklich. Trotzdem danke für den Link. Habe in den letzten beiden Tagen zwei Vorträge dazu gehalten.

       
       
      • Christian

        Boah Du hast nen Vortrag gehalten! Das hast Du fein gemacht Christoph! Da sind wir ganz stolz auf Dich.

        Kannst Du Dein Dasein nicht auf das nicht öffentliche Vorträge halten beschränken? Das wäre richtig supi von Dir :-)

         
         
      • kleitos

        Internetausdrucker unter sich ;-)

        Damit zielte ich auf das fehlende Verständis des Gerichts – ersichtlich aus der Urteilsbegründung -für das Medium Internet ab – Stichwort: Crossmedia.

        Über Ihre Vorträge war ich informiert, aber leider nicht eingeladen ;-)

        Ihr Standpunkt zum Thema disruptive Innovationen – über den Ansatz zur Schaffung eines LSR hinaus – würde mich schon interessieren. Vielleicht können/wollen/dürfen Sie ja das Skript hier im Blog veröffentlichen.

        @Christian: Voltaire: “Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.”

        Trotz der gegenteiligen Auffassungen Herrn Keeses zum Thema LSR finde ich seine Form der Öffentlichkeit hier im Blog sehr gut und formal nicht kritikwürdig – eher schon seine Nähe zur politischen Bühne via AS.

        Du tust dem Widerstand gegen das LSR keinen Gefallen, indem du selbigen desavouierst – oder was glaubst Du weshalb Deine Einwürfe nicht gelöscht wurden?

         
         
        • kleitos

          P.S. @Christian

          Bin zuvor selber in diese Falle getappt – aber das LSR bietet genug inhaltliche Kritkpunkte, so dass wir uns persönliche Anfeindungen sparen können ;-)

           
           

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