Und noch mehr Geld von Google für die Wissenschaft



Titelbild der von Google finanzierten Studie, die europäischen Rechteverwertern vorwirft,
viel zu teuer zu sein. Bild: MPRA

Google lässt nicht nach in seinen Bemühungen, die Wissenschaft für seine Interessen einzuspannen. Kein Tag vergeht, an dem man nicht von neuen Projekten hört, die Google an Universitäten finanziert. Heute ist mir die Studie „Counting the Costs of Collective Rights Management of Music Copyright in Europe“ in die Hände gefallen. Das Werk untersucht die Kosten, die von der kollektiven Rechteverwertung verursacht werden. Sponsor der Studie ist Google, wie die Autoren der Studie ganz am Ende auf Seite 56 beiläufig einflechten. Google hat ein elementares wirtschaftliches Interesse daran, die kollektive Rechteverwertung zu schwächen, um möglichst preiswert an Filme, Bücher, Musik und Artikel zu kommen. So kommt die Studie denn auch zum Ergebnis, dass die Rechtverwertung in Europa übertrieben teuer sei und einer Reform bedürfe. Hier die Details zu diesem neuen Fall von Wissenschaftslobbyismus.

Die Studie stanmt von Roya Ghafele and Benjamin Gibert. Ghafele ist Fellow an der Said Business School of the University of Oxford sowie Director von Oxfirst Limited. Benjamin Gibert ist Research Consultant bei Oxfirst Limited. Erschienen ist die Studie am 17. Oktober 2011. Zentrale These der Arbeit ist, dass Rechteverwertung in Europa viel zu teuer ist. Schaubild 13 auf Seite 27 fasst diesen Vorwurf am Beispiel der Lizenzkosten für Downloads exemplarisch zusammen:

Viele Rechteverwerter halten diese Übersicht methodisch für falsch und werfen den Autoren der Studie ungenaue Arbeit vor. Inhaltlich kann ich derzeit nicht beurteilen, ob die Autoren oder ihre Kritiker im Recht sind. Allerdings scheint es schon auf den ersten Blick unlogisch, dass Download-Lizenzen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit deutlich weniger Einwohnern höher sein sollen als in den USA. Aber das sei dahin gestellt. Hier geht es um die Finanzierung der Arbeit.

Die Autoren schreiben ganz am Ende der Studie auf Seite 56, wem sie das Geld für ihre Mühe verdanken:

Zum leichteren Lesen: „This research material was made possible through the generous funding of Google. The authors would like to thank Google for its funding.“

Es steht zu erwarten, dass Google gestützt auf diese Studie demnächst eine neue Debatte über die Höhe von Lizenzgebühren in Europa vom Zaun brechen wird. Damit geraten Rechteinhaber und ihre Verwerter einmal mehr in die Defensive gegenüber dem Konzern, der ein wirtschaftliches Interesse hat, anderen Leuten für geistige Leistungen so wenig wie möglich zu bezahlen.

Gefälligkeitsstudien sind so alt wie die Wissenschaft selbst. Neu ist die Entschlossenheit und Systematik, mit der ein Weltkonzern sich die Wissenschaft zu Nutzen macht.

Zu diesem Thema: Free Ride: Wie Google seine finanziellen Interessen durch Unterstützung der Wissenschaft absichert



 

63 Kommentare

 
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    @Knobel

    Es geht nicht darum einen stärkeren “Eindruck” von mehr oder weniger zu vermitteln. Sondern darum das “mehr” und “weniger” in relation zueinander zu stellen.

    Das ist bei Zeiten nämlich nicht einfach, vorallem nicht wenn recht individuelle und subjektive Werte wie “Preise” auf eine objektive Art verglichen werden sollen.

    Und da geht es dann auch nicht darum zu zeigen wie “Ach so groß der Unterschied” ist sondern das ein messbarer Unterschied vorhanden ist.

    Was Sie hier versuchen ist wissenschaftliche Methoden auf subjektive Art und Weise so darzustellen als werden Sie zum manipulieren der “Ergebnisse” verwendet. Ja man kann viel machen wenn man mit Tabellen und Grafiken arbeitet, darum ist es wichtig die harten Fakten und Daten im gesamten richtig zu interpretieren und nicht komplette Studien auf ein paar Grafiken zu versimpeln.

    Das selbe hat Herr Keese übrigens auch in seiner Antwort an Frau Roya Ghafele getan. Dieser Blogpost trieft mit dem subjektiven vorwurf der “käuflichkeit”. Direkt darauf angesprochen wird dieser Vorwurf mit irgendeinem subjektiven “Informationsanspruch der Öffentlichkeit” begründet.

    Das ist gelinde gesagt: Blödsinn

    Der Inferomationsanspruch der Öffentlichkeit hat bei Verlagshäusern ganz untersten Stellenwert. Anders kann ich mir nicht erklären wir kommerzialisiert inzwischen selbst Wissenschaftliche und Bildunspublikationen sind.

    Für ein bisschen mehr Kontext zu dieser Äusserung: http://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2012/02/2012227143813304790.html

    Genau aus diesem Grund sind Universitäten auf Unternehmen wie Google angewiesen, Bildung ist in diesem Land inzwischen ein Geschäfft und kein Allgemeingut mehr das für jeden gleich erreichbar ist.

     
     
  28.  
  29. Knobel

    Hat sich mal jemand das im obigen Artikel “zitierte” Diagramm genauer angeschaut? Da steht einmal 7295 (~7300) und einmal 7722 (~7700), d.h. eine Differenz von 400 gegenüber absoluten Werten jenseits der 7000. Diese Differenz wird, wie das für viele solcher Studien üblich ist, “herausgearbeitet”, indem der visuelle Nullpunkt verschoben wird (hier bei 7000). D.h. absolut betrachtet ist die Differenz wesentlich marginaler als visualisiert wird.

    Dieses Prinzip wird sehr häufig verwendet, teils absichtlich, teils unabsichtlich, um einen stärkeren Eindruck von “mehr” bzw. “weniger”, “stärkerem” Anstieg usw. zu suggerieren als es wirklich der Fall ist. Also immer auf die Zahlen achten, notfalls die Diagramme mal “normalisieren”, um den realen Sachverhalt zu sehen.

    Und ja, lt. dem Diagramm ist es teurer, aber der Unterschied ist nicht wirklich so groß. Summiert sich natürlich auf, aber so ist das bei vielen anderen Dingen auch, und die Medien-Kosten sind ja nicht die einzigen, mit denen sich Institutionen aller Art herumschlagen müssen.

     
     
  30. Ich bin Mitverfasser der oben erwaehnten Studie. Ich moechte hier ganz klar betonen, dass Google sich in keinster Weise in die Forschungs Methode etc hineingemischt hat. Die Studie ist wissenschaftlich fundiert und folgt ganz klare oekonometrische Methoden. Es ist eine fakten basierte Analyse. Ihr Aufsatz scheint zu suggerieren, dass Wissenschaft und ihre Lehre kaeuflich sind. Das ist sie nicht. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei, wenn oekonomische Untersuchungen Resultate bieten, die unangenehm sind, so muessen Kritiker dies akzeptieren. Es waere etwas anderes, wenn unsere Studie aus wissenschaftlicher Perspektive nicht korrekt durchgefuehrt wurde. Das ist aber nicht der Fall. Ich wuerde Sie daher bitten, Diskreditierungen dieser Art in Zukunft zu unterlassen. Roya Ghafele

     
     
    • Christoph Keese

      Vielen Dank für Ihren Hinweis, den ich zu schätzen weiß. Ich suggeriere allerdings nicht, dass Wissenschaft käuflich sei, sondern weise darauf hin, dass Ihre Studie von Google finanziert wurde. Damit ist nicht der Vorwurf verbunden, dass Sie als Wissenschaftler Ihre Integrität kompromittiert hätten. Mir geht es allerdings darum aufzuzeigen, wie systematisch Google ein enges Netz finanzieller und emotionaler Beziehungen in der Wissenschaft knüpft und pflegt. Die interessierte Öffentlichkeit sollte diese Tatsache kennen. Ihre Integrität als Wissenschaftler wäre noch unbestrittener, wenn Sie keine Finanzierung einer interessierten Partei angenommen hätten, die von den Ergebnissen Ihrer Studie finanziell profitieren kann. Mit diesem Hinweis werden Sie leben müssen. Hätten Sie ihn vermeiden wollen, wäre eine Finanzierung durch eine nicht betroffene Partei die bessere Wahl gewesen.

       
       
      • Frank

        Sehr geehrter Herr Kese,

        wenn Wissenschaftler an deutschen Hochschulen auf derartige Finanzierungsmodelle weniger angewiesen sein sollen, stimme ich Ihnen durchaus zu. Das wäre mir auch wesentlich lieber.

        Wird sich das von Ihnen vertretene Verlagshaus mit seiner ganzen Medienmacht demnächst verstärkt für einen Ausbau der öffentlichen Finanzierung der Hochschulen stark machen? Springer könnte mit seinen zahlreichen Kontakten sowohl Öffentlichkeit als auch Politiker überzeugen. Das wäre wunderbar.

        Natürlich ist mir bewusst, dass gerade die aktuelle Regierung für dieses von uns beiden gewollte Vorhaben eine Rolle rückwärts machen müsste. Wir haben ja in letzter Zeit eine genau gegenteilige Entwicklung:
        * Studiengebühren,
        * massive Streichung öffentlicher Gelder.

        Mit freundlichen Grüßen,
        ein aktiver Teilnehmer der Bildungsproteste seit 2009

         
         
        • Christoph Keese

          Danke für Ihren Kommentar. Ich schließe mich Ihrer Meinung vollständig an. Die Ausgaben für Bildung und vor allem für Hochschulen haben längst nicht das notwendige Niveau erreicht. In Brandenburg erleben wir derzeit eine Entwicklung, die einige der drei Universitäten sogar in ihrer Existenz bedrohen.

           
           
          • Frank

            Interessant. Die Uni ist mir nicht bekannt, ein kurzer Link wäre nett.

            Aber das ist ja kein Brandenburger Problem – oder eines der Regierung dort. Nehmen wir einmal den Fall der Uni Lübeck. Dort sollte die medizinische Fakultät geschlossen werden. Der Grund: nach dem Debakel mit der HSH Nordbank fehlten dem Bundesland das nötige Kleingeld. Die Rettung gelang, aber erst nach monatelangem Ringen.

            Ich freue mich aber, dass Sie meine Meinung teilen. Die Bildungspolitik ist wirklich in keinem guten Zustand. Ein weiteres Beispiel sind ja auch die zahlreichen Exzelenzinitiativen, die gerade die Hochschulen fördern, die finanziell ohnehin am besten dastehen und sich den nötigen Mehraufwand leisten können.

               
             
             
  31.  
  32. “Niemand wird gegen seinen Willen in eine Geschäftsbeziehung gezwungen, die er nicht möchte.” Und Sie gehen dann auch nicht juristisch gegen Google vor, wenn die Verlagsinhalte deindiziert werden, falls Google das Leistungsschutzrecht nicht bezahlen möchte?

     
     
  33. Christoph Keese

    @ TecoScr zum Post 13.12.2011 14:35:

    Klärung von Rechten: Richtig, beim von Ihnen beschriebenen Fall wäre eine Rechteklärung ohne VG nicht komplizierter als bisher. Daher halten wir auch diesen Lösungsweg für gangbar. Allerdings könnte eine VG die Rechteeinholung auch leichter machen als heute. Das darf man nicht vergessen.

    Der vermeintliche “Verlegerentwurf”, den Sie zitieren, ist kein Verlegerentwurf. Wir haben diese Positionen nie vertreten. Hierauf habe ich in diesem Blog immer wieder hingewiesen. Bitte nehmen Sie das zu Kenntnis. Es ist müßig, diese Texte immer wieder zu zitieren.

    Die vom BDI vertretenen Positionen, die Sie zitieren, treffen inhaltlich nicht zu. Auch das ist schon vielfach gesagt worden. Wer nur die FAZ vervielfältigen möchte, zahlt nur die FAZ, nicht das Handelsblatt. Niemand wird gegen seinen Willen in eine Geschäftsbeziehung gezwungen, die er nicht möchte. Die Behauptung des BDI wird auch nicht durch ständige Wiederholung richtig.

     
     
    • TecoScr

      Der vermeintliche “Verlegerentwurf”, den Sie zitieren, ist kein Verlegerentwurf. Wir haben diese Positionen nie vertreten. Hierauf habe ich in diesem Blog immer wieder hingewiesen. Bitte nehmen Sie das zu Kenntnis. Es ist müßig, diese Texte immer wieder zu zitieren.

      Unabhängig davon, ob der Springer-Verlag jemals diesen Entwurf befürwortet hat, bleibt es nunmal einer der wenigen konkreten Ansatzpunkte zur Auseinandersetzung mit dem Leistungsschutzrecht, solange der offizielle Entwurf aus dem Bundesjustizministerium noch nicht vorliegt. Der einzig andere Gesetzesentwurf, der mir bekannt ist, stammt aus der Dissertation von Michael Kauert. Darin ist jedoch der Schutzgegenstand, ähnlich wie beim britischen “publisher’s right”, auf das “das marktfertige, konkrete Druckwerk in seinem spezifischen Erscheinungsbild” (S. 271) beschränkt, womit dieser Entwurf für die “Ziele” der Verleger nicht zu gebrauchen ist.

      Bleibt also nur jener von iRights veröffentlichte Entwurf, der mutmaßlich von Christoph Fiedler verfasst wurde. Zumal er sich weitestgehend mit dem deckt, was in zahlreichen Presseartikeln und -interviews von Verlegerseite (was Ihre Person einschließt) gefordert wurde. Wenn dem nicht so ist, würde ich Sie an dieser Stelle gerne bitten, am genannten Entwurf konkret die Dinge zu benennen, die die Verleger nicht so im Gesetz sehen wollen.

       
       
  34. @Stefan Herwig herzlichen Glückwunsch für die eigene Erkenntnis über den wirtschaftlichen Hintergrund von Christoph Keese.

    Das ist keine eigene Erkenntnis, das stand da weiter oben. :->

    “Als gewünschten Schutzgegenstand hätten wir “Ätschivederci, Italien” (Schweizer) und irgendwas mit HTML-Code (Hegemann und Keese).”

    Bitte genau lesen: Im bei ihnen als Quelle herangeführten Text, geht es darum, dass hier eine eigene Wortschöpfung geschützt werden soll, und auch nur vor der Verwendung von Google. So steht es zumindest im wie üblich äusserst subjektiven TExt bei Netzpolitik.org.

    “…und Zweitens theoretisch dazu geeignet ist, dem Nutzer vorzuschreiben, wie die Auszeichnungssprache zu interpretieren ist.”

    Das hier habe ich nicht verstanden.

    “…nun ja, er widerspricht sich ja selbst.”

    Wissen Sie, wenn sie sonst so genau Informationen verknüpfen können, wie Sie das eingangs getan haben, dann muss man sich um den Stillstand der Debatte nicht mehr wundern.

    Und deswegen gleich nochmal mein Aufruf:

    “Auch frage ich mich, warum hier eigentlich diese Grabenkämpfe stattfinden, und die Kritiker von Herrn Keese nicht versuchen, das Problem einvernehmlich zu lösen, und anstattdessen immer wieder auf die Verfahrensfehler der Verleger hinweisen, als wenn es dafür Blumentöpfe zu gewinnen gäbe. Haben wir nicht alle ein Interesse, dieses Problem zu lösen?”

    Oder möchtne Sie mir weitere vergiftete Glückwünsche einschenken?

    Gruß,

    SH

     
     
  35. @Stefan Herwig herzlichen Glückwunsch für die eigene Erkenntnis über den wirtschaftlichen Hintergrund von Christoph Keese.

    Als gewünschten Schutzgegenstand hätten wir “Ätschivederci, Italien” (Schweizer) und irgendwas mit HTML-Code (Hegemann und Keese). Wobei Ersteres nah an „einzelne Wörter“ dran ist und Zweites theoretisch dazu geeignet ist, dem Nutzer vorzuschreiben, wie die Auszeichnungssprache zu interpretieren ist. Das rangiert zwischen Beispielen, die Christoph Keese gefallen bis hin zu Adblockern. Dies würde eine Bevormundung der Nutzer darstellen und das hat wenig mit der von Mathias Döpfner proklamierten Freiheit zu tun – nun ja, er widerspricht sich ja selbst.

     
     
  36. “Unabhängig von property oder liability rules bliebe eine Verwertungsgesellschaft, die alle deutschen Presseverleger kollektiv vertritt, ein monopolistischer Anbieter.”

    Nein. Jeder kann ich Deutschland eine zweite Verwertungsgesellschaft gründen, wenn ihm der Sinn danach steht. Verwertungsgesellschaften sind aber dann effektiver, wenn sie alle Rechte bzw. teilnehmer bündeln – ähnlich wie Gewerkschaften). Sie müssen aber nicht zwangsläufig Monopole sein.

    Darüber hinaus haben die bisher tätigen Verwertungsgesellschaften nur teilweise Kontrolle über ihre Tarife. Diese werden nämlich vom deutschen Patent- und Markenamt beaufsichtigt. Auch das unterscheidet Verwertungsgesellschaften von einem privaten Marktteilnehmer, sie dürfen den Preis für ihre Güter, die sie lizenzieren nicht alleinverantworltich festlegen, sondern sie unterliegen einer gewissen Kontrolle durch das Patent- und Markenamt. Insofern geht Ihr “Monopolargument” hier fehl.

    “Noch dazu einer, der sein Repertoire nur gebündelt, also ganz oder gar nicht anbieten will. So zumindest hat es Keese beim wie Keese beim bereits erwähnten BdP Mediendisput 2010 angekündigt [bei 1:00:28]: “Was wir anbieten wollen ist eine Pauschallizenz. Wir wollen ganz simpel allen Unternehmen die es wünschen eine Pauschallizenz für die deutsche Onlinepresse anbieten.””

    Ich kann zwar nicht für Herrn Keese sprechen, aber ich glaube das haben sie nicht richtig verstanden. Andere Verwertungsgesellschaften bieten auch Pauschallizenzen an, aber die Auswahl welche Werke der Lizenznehmer davon nutzt, bleibt ihm natürlich weiterhin selbst überlassen. Ob er das gesamte deutsche Presseangebot der letzten 5 Jahre aggregiert, oder nur ausschnittsweise einen Artikel lizenziert, ist egal. Auch ist es egal, ob dieser Artikel von der “Bild” ,der Süddeutschen oder der Borkener Zeitung stammt. Für die Lizenzierung der Artikel zahlt er halt dasselbe. Aber er zahlt nicht dasselbe, wenn er nur einen Artikel, oder das gesamte Presseangebot lizenziert.

    Wenn ich ein Musikstück lizenzieren möchte, so zahle ich der Verwertungsgesellschaft ebenfalls gleiche Sätze, unabhängig davon, ob das nun ein Stück von Madonna, Cat Steven oder irgendeiner Hinterhofkapelle ist. das sind auch Pauschallizenzen, aber wenn ich jetzt die ganzen deutschen top 100 Charts für eine mehrteilige Compilation lizeziere, zahle ich natürlich mehr, als wenn ich nur einen titel haben will. Ich glaube hier haben sie die Aussage mißverstanden.

    Darüber hinaus: Nicht alle Verleger müssen und werden in so eine Verwertungsgesellschaft eintreten, wie auch nicht alle Musiker in die GEMA gehen.

    “Als Ökonom weiß Keese natürlich sehr genau, dass die kollektive Verwertung den eigentlichen Kern des Leistungsschutzrechts darstellt.”

    Ich sehe das übrigens ganz anders…. Ich glaube man kann auch effektiv Leistungsschutzrechte durchsetzen, ohne eine VG zu erschaffen. Aber man muss erst genau den Schutzgegenstand definieren. Hier tun sich aktuell noch alle Beteiligten etwas schwer.

    “Alles andere, etwa die Forderung nach Ausweitung des Schutzgegenstands auf einzelne Wörter, sind nur Nebelkerzen, die die Beobachter ablenken sollen und vermutlich später unter Krokodilstränen zurückgenommen werden.”

    Ich kann man mich nicht entsinnen, dass eine solche Forderung ernsthaft mal jemals Gegenstand der Leistungsschutzrechtsdebatte gewesen wäre. Wenn doch: Beleg?

    “Die Lösung dafür ist das Anbietermonopol. Und genau weil das so ist, bin ich nicht bereit Keeses Äußerung (“Die Verleger schlagen von sich aus keine Verwertungsgesellschaftspflicht vor.”) zu glauben. Zumindest so lange nicht, bis es der offizielle Gesetzentwurf vorliegt und eine Überprüfung möglich macht.”

    Jetzt verstehe ich ihre Argumentation, aber ich glaube ich habe sie oben bereits wiederlegt. Wie gesagt, es gibt kein Monopol auf Informationen, oder auf Wissen. Das sind öffentliche Güter. Und eine Verwertungsgesellschaft wird DARAN auch nichts ändern, denn es wird immer Verleger geben, die an dieser VG nicht teilhaben werden. Die brennende Frage ist: Was ist denn dann der eigentliche (berechtigte) Schutzgegenstand?

    Wenn man dann herausbekommen hat, wo denn dann das eigentliche Marktverssagen liegt, kann man diese Debatte auflösen. Ich war sehr erstaunt, zu lesen, dass Herr Keese eigentlich ursprünglich Wirtschaftswissenschaftler ist, denn dann kann er sich das Problem eigentlich selbst herleiten. Die Makroökonomie gibt einem doch eigentlich das nötige Rüstzeug zur Beantwortung dieser Frage in die Hand.

    Auch frage ich mich, warum hier eigentlich diese Grabenkämpfe stattfinden, und die Kritiker von Herrn Keese nicht versuchen, das Problem einvernehmlich zu lösen, und anstattdessen immer wieder auf die Verfahrensfehler der Verleger hinweisen, als wenn es dafür Blumentöpfe zu gewinnen gäbe. Haben wir nicht alle ein Interesse, dieses Problem zu lösen?

    Ein schönes Wochenende, allerseits.

     
     
    •  
    • Leif

      Komisch, ich sollte damals für meinen Chef einen Song für die Telefonwarteschleife bei der GEMA lizensieren. Da heisst es friss oder stirb, keine Ahnung was es heute kostet aber seinerzeit waren es 300€ fürs Jahr. Damit könnte man das ganze Portfolio nutzen. Ganz toll, ich würde das als Pauschallizens bezeichennen. Weil einzenln ging net nur im Paket.

       
       
  37. @TecoSCR:

    Also das mit der Monopolstellung von Verwertungsgesellschaften ist seit Jahren ad acta, denn die EU hat hier 2007/2008 wettbewerbsrechtlich eingegriffen.

    Nur ein Link als Beispiel:
    http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/08/1165&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en

    Ob diese Intervention richtig war, kann aber bezweifelt werdne, denn Verwertungsgesellschaften sind streng genommen keine Marktakteure wie private Unternehmen, sondern eher wie Gewerkschaften zu bewerten. Sie unterliegen ausserdem einen Kontrahierungszwang, müssen also ihre Inhalte prinzipiell lizensieren. Auch das unterscheidet sie von Privatunternehmen.

    Darüber hinaus wird allgemein bezweifelt, dass die o.g. Intervention der EU wirklich zielführend war, weil sie eigentlich nur zu einer Rechtezersplitterung der VGs beigetragen hat.

    Darüber hinaus, sind sowohl in der Urheber- als auch in der Leistungsschutzrechtsdebatte diverse marktverzerrende Faktoren aktiv, aber nicht auf seite der Verleger.

    Politisch zu regulierendes Marktversagen durch Monopole herrscht hier eher im infrasrukturbereich (Google, um nur ein beispiel zu nennen), und die Nichtdurchsetzbarkeit von Urheberrechten ist gleichzeitig noch als Marktversagen durch öffentliche Güter zu bewerten.

    Als Ökonom sollten sie das nicht ignorieren.

    Schönen Abend noch.

     
     
    • Ich wollte eigentlich abwarten, bis Herr Keese auf meinen Beitrag antwortet, aber anscheinend hat es ihm die Sprache verschlagen.

      Verwertungsgesellschaften sind streng genommen keine Marktakteure wie private Unternehmen, sondern eher wie Gewerkschaften zu bewerten. Sie unterliegen ausserdem einen Kontrahierungszwang, müssen also ihre Inhalte prinzipiell lizensieren. Auch das unterscheidet sie von Privatunternehmen.

      Unabhängig von property oder liability rules bliebe eine Verwertungsgesellschaft, die alle deutschen Presseverleger kollektiv vertritt, ein monopolistischer Anbieter. Noch dazu einer, der sein Repertoire nur gebündelt, also ganz oder gar nicht anbieten will. So zumindest hat es Keese beim wie Keese beim bereits erwähnten BdP Mediendisput 2010 angekündigt [bei 1:00:28]: “Was wir anbieten wollen ist eine Pauschallizenz. Wir wollen ganz simpel allen Unternehmen die es wünschen eine Pauschallizenz für die deutsche Onlinepresse anbieten.”

      Als Ökonom weiß Keese natürlich sehr genau, dass die kollektive Verwertung den eigentlichen Kern des Leistungsschutzrechts darstellt. Alles andere, etwa die Forderung nach Ausweitung des Schutzgestands auf einzelne Wörter, sind nur Nebelkerzen, die die Beobachter ablenken sollen und vermutlich später unter Krokodilstränen zurückgenommen werden. Den Verlegern reicht ein Leistungsschutzrecht, dessen Schutzgegenstand nicht weiter reicht als das heutige Urheberrecht, aber eben mit kollektiver Verwertung. Warum? “The problem for the newspapers is not the ability to negotiate but the likely outcome of such negotiations. In their relationships with Google, individual newspapers likely face a prisoners’ dilemma. [...] Acting collectively, then, the newspapers have better chances of extracting rents from Google. Rather than a solution to a market failure caused by high transaction costs, the newspapers’ collective action in this case seems more like an attempt to charge money to license a right which in a competitive market would have no or very low market value.” (Ariel Katz, in einem Beitrag in Working within the Boundaries of Intellectual Property)

      Das Problem der Verleger ist nicht etwa, dass sie kein Recht an den von ihnen vertrieben Presseerzeugnissen hätten (denn das Gegenteil ist der Fall), sondern dass sie im freien Wettbewerb nicht mehr als den Nullpreis verlangen können. Die Lösung dafür ist das Anbietermonopol. Und genau weil das so ist, bin ich nicht bereit Keeses Äußerung (“Die Verleger schlagen von sich aus keine Verwertungsgesellschaftspflicht vor.”) zu glauben. Zumindest so lange nicht, bis es der offizielle Gesetzentwurf vorliegt und eine Überprüfung möglich macht.

       
       
  38. TecoScr

    Die Verleger schlagen von sich aus keine Verwertungsgesellschaftspflicht vor. An diesem Stand, den die Verlage unmittelbar nach dem BMJ-Termin auf den Webseiten von VDZ und BDZV dargelegt haben und der in diesem Blog ausführlich beschrieben ist, hat sich seitdem nichts geändert.

    Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihre Aussage diesbezüglich glauben darf. Auf der Website des BDZV findet sich nämlich eine Pressemitteilung zu besagtem BMJ-Termin (28. Juni 2010), die mit den Worten schließt: “BDZV und VDZ regen aus diesem Grund die Auswertung über eine Verwertungsgesellschaft an”. Zudem erklärte am 26. Oktober 2010 beim BdP Mediendisput ein Springer-Vertreter, der Ihnen nicht unähnlich sieht, folgendes: “Wir [die Verleger] sind aus mehreren Gründen dafür, das hier genauso zu machen. Also nicht ein neues Recht zu schaffen — und dann kann jeder potentielle Nutzer sehen, wie er dem Rechtinhaber hinterher läuft — sondern es zentral vertreten zu lassen.” (57:19-32). Sind Sie sich sicher, dass den Verlegern eine kollektive Rechtwahrnehmung nicht willkommen wäre?

    Wenn es künstliche Monopole von Verwertungsgesellschaften sind, die zu Wohlfahrtsverlusten führen, erübrigt sich dann nicht die Kritik an Leistungsschutzrechten, falls diese nicht durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden?

    Im Prinzip ja. Allerdings unter der Voraussetzung, dass das Leistungsschutzrecht nicht weiter reicht als das bestehende Urheberrecht, in Hinblick auf Schranken wie Zitat und ähnliches. Soetwas wäre, abgesehen von den ökonomischen Schäden, vermutlich ohnehin verfassungswidrig.

    Verwertungsgesellschaften sind vor allem auch Clearing Häuser. Wie bewerten sie die Wohlfahrtsfolgen von Organisationsformen, in denen Rechte nur von Individuen und nicht von Clearing-Häusern wahrgenommen werden und jeder potenzielle Nutzer zunächst den Rechteinhaber ausfindig machen und mit ihm individuell verhandeln muss?

    Das Transaktionskostenargument, auf das Sie anspielen, mag richtig sein, wenn es sich bei den “Individuen” um einzelne Künstler (Autoren, Fotografen, Musiker. usw.) handelt, aber ganz sicher nicht, wenn es Verlagshäuser geht. Derzeit kauft man sein Zeitungsexemplar auch nicht von einer Verwertungsgesellschaft, sondern von selbstständigen Unternehmen. Und zwar ohne dass dadurch Chaos ausbricht.

     
     
    • Christoph Keese

      Die späte Antwort bitte ich zu entschuldigen. Ich war auf Reisen.

      Vorschlag Verwertungsgesellschaftspflicht: Im Sommer und Herbst 2010 hatten wir tatsächlich erwogen, diesen Vorschlag zu unterbreiten. Davon haben wir aber aus einer Reihe von Gründen Abstand genommen. Bei der offiziellen Vorstellung unseres Vorschlags im Bundesjustizministerium Ende 2010 haben VDZ und BDZV deutlich und unmissverständlich gesagt, dass sie eine Verwertungsgesellschaftspflicht nicht vorschlagen oder fordern, dass sie diese aber akzeptieren würden, wenn sich der Gesetzgeber in Abwägung aller Argumente für eine Verwertungsgesellschaftspflicht entscheiden würde.

      Wohlfahrtsverluste: Ich nehme aufmerksam zur Kenntnis, dass Sie keinen Anlass sehen, Wohlfahrtsverluste zu befürchten, wenn es nicht zu einer Verwertungsgesellschaftspflicht käme. Das ist eine wichtige Feststellung. Ihre Sorge, das Leistungsschutzrecht könnte nicht den Schranken des Urheberrechtsgesetzes unterworfen sein, ist unbegründet. Die allgemeinen Schranken wie Zitatrecht, Privatkopie etc. nicht gelten lassen zu wollen, wäre inhaltlich unsinnig, systematisch unvertretbar, verfassungsrechtlich bedenklich und nicht im Interesse der Verlage. Da Ihnen diese Sorge vollständig genommen werden kann, bleibt festzuhalten, dass Sie keine Einwände gegen ein Leistungsschutzrecht erheben, wenn ich Ihren Text richtig verstanden habe.

      Verwertungsgesellschaften als Clearing Stelle: Mit der GVL gibt es eine eigene Verwertungsgesellschaft für Leistungsschutzrechte. Auch sie nimmt eine wichtige Clearingfunktion wahr. Allerdings wären viele Verlage in Abwesenheit einer Verwertungsgesellschaftspflicht sicherlich bereit, Leistungsschutzrechte selber zu verwerten. Wie die anderen Marktteilnehmer auf Kundenseite diese uneinheitliche Rechtewahrnehmung bewerten, sei dahin gestellt.

       
       
      • TecoScr

        !!!! Bitte vorhergehenden Kommentar wegen Formatierungsfehler entfernen. !!!!!

        Vorschlag Verwertungsgesellschaftspflicht: Im Sommer und Herbst 2010 hatten wir tatsächlich erwogen, diesen Vorschlag zu unterbreiten. Davon haben wir aber aus einer Reihe von Gründen Abstand genommen. Bei der offiziellen Vorstellung unseres Vorschlags im Bundesjustizministerium Ende 2010 haben VDZ und BDZV deutlich und unmissverständlich gesagt, dass sie eine Verwertungsgesellschaftspflicht nicht vorschlagen oder fordern [...]

        Sollte das zutreffen wäre es in der Tat sehr erfreulich. Allerdings bin ich nachwievor skeptisch und hätte zunächst von Ihnen gerne eine Erklärung für folgende Tatsachen.

        Vor besagtem Anhörungstermin im BMJ (28. Juni 2010) hieß es von BDZV und VDZ, “BDZV und VDZ regen aus diesem Grund die Auswertung über eine Verwertungsgesellschaft an”. Das ist auch nicht verwunderlich, schließlich hatten Sie, Herr Keese, bereits im März 2010 beim Kölner Medienrechtforum verkündet, die Verleger planten bereits eine Kartellausnahmegenehmigung zu stellen, um eine neue Verwertungsgesellschaft zu gründen. Was während des Termins “deutlich und unmissverständlich” von Verlegerseite gefordert wurde, kann ich schlecht überprüfen, aber interessanterweise heißt es in einer Erklärung des VDZ nach dem BMJ-Termin weiterhin: “Die Presseverleger sprechen sich für eine Wahrnehmung bestimmter Aspekte des Leistungsschutzrechtes durch eine Verwertungsgesellschaft aus.” Vielleicht deute ich das falsch, aber nach “Abstand nehmen von der Forderung nach kollektiver Verwertung” klingt das für mich nicht.

        Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass Sie persönlich, Herr Keese, weiterhin für die Idee der kollektiven Verwertung werben, bzw. andere (in diesem Fall den BDI) für ihre Ablehnung derselben kritisieren. Zuletzt geschehen im September bei den Münchner Medientagen 2011. Dort sagen Sie, und ich muss es ausführlich zitieren [ab 49:03]: “… das eine ist, Herr [Dr. Michael] Kühn, Sie erzählten das gerade am Rande was passiert in einem System, in einem Markt, wenn die Rechte nicht kollektiv vertreten werden. Sie hatten das gerade am Beispiel der GVL angeführt. Was passiert wenn Urheber nicht in einer Verwertungsgesellschaft eingebracht haben ein spezielles Recht, wenn es also nicht — man benutzt dieses wunderbare englische Wort — einen “One-Stop-Shop” gibt, also eine Telefonnummer, eine Adresse, wo du dir das Recht besorgen kannst wenn du es brauchst. Sondern wo man jeden einzelnen Inhaber anrufen muss, beim Fall der Musik müssen Sie den Tondichter, den Textdichter, den Interpreten etc. anrufen ob sie ihn als Hintergrundmusik benutzen dürfen. Wenn Sie das freundlicherweise auch nochmal den geschätzten Kollegen vom BDI mitteilen könnten, die sich sehr stark gegen eine kollektive Verwertung des kommenden Leistungschutzrechts verwenden. Die Gründe dafür sind uns wirklich schleierhaft, weil der BDI und die Mitgliedsunternehmen müssten sich dann bei jedem einzelnen Rechteinhaber persönlich um die Rechte bemühen, und denen würde genau das passieren, was Herr Kühn gerade beschrieben hat. Deswegen müsste es im Interesse des BDI und aller Mitgliedsunternehmen sein, dass genau diese kollektive Verwertung stattfindet. Denn sie macht das Leben viel einfacher, ansonsten entstehen bürokratische Monster.”

        Der BDI, in Person ihres Sprechers Holger Lösch, hat sich genau genommen nicht gegen die kollektive Verwertung, sondern lediglich die allumfassende Bündelung des Angebots ausgesprochen (zumindest beim bereits erwähnten BdP-Mediendisput 2010). Die würde nochmal einen zusätzlichen ökonomischen Schaden verursachen, aber das eigentlich gravierende bleibt die kollektive Verwertung, die effektiv einem Verlegermonopol gleichkommt. Die vermeintlichen Vorteile, die Sie im eben wiedergegebenen Zitat nennen, existieren ja gar nicht. Da die Rechteinhaber eines Leistungsschutzrechtes die Presseverlage wären, gestaltet sich das “persönliche Bemühen” um die Rechteeinholung wesentlich einfacher, als Sie es suggerieren. Einer geneigten Firma wird es doch wohl möglich sein, die Konzernzentrale des Springer-Konzerns ausfindig zu machen, falls ein Nutzungsrecht an der Bild-Zeitung erworben werden soll. Zumindest dürfte es kaum schwieriger sein, als in der Offline-Welt™ ein Printabo zu bestellen.

        Die Vehemenz, mit der Sie im Namen der Verleger nachwievor (Stand September 2011) für eine kollektive Verwertung plädieren, lässt mich an Ihrer oben zitierten Aussage zweifeln. Sie wissen sehr genau, dass die Verleger von einem dezentral verwerteten Leistungsschutzrecht keinerlei Gewinn im Vergleich zu ihrer jetzigen Situation hätten. Deshalb bin ich wirklich mehr als gespannt auf den offiziellen Gesetzesentwurf, so er denn noch vor dem Sankt-Nimmerleins-Tag kommt.

         
         
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        • Christoph Keese

          Was Sie hier als vermeintlichen Widerspruch darstellen, ist schnell aufgeklärt.

          Die Verwertung über Verwertungsgesellschaft wäre aus Sicht der Kunden der einfachste Weg. Es gäbe dann eine einzige Adresse, die Rechte klärt. Praktischer geht es nicht. Nähme jeder sein eigenes Recht wahr, müsste der Kunde jeden einzelnen Rechteinhaber einzeln ansprechen. Das wird – anders als Sie suggerieren – mit einem Anruf bei Axel Springer nicht zu lösen sein. Es gibt Tausende von Verlagen, und wenn jeder davon seine Rechte einzeln verwerten würde, gäbe es keine Standardverträge, was die Einholung der Rechte weiter erschwert.

          Weil das so ist, haben Verlage lange dafür geworben, die Verwertung über eine Verwertungsgesellschaft zu organisieren – wie gesagt im vermeintlichen Interesse der Kunden. Da es bekanntlich aber seitens des BDI und anderer Verbände Bedenken gegen die kollektive Verwertung gibt, haben die Verlage diesen Vorschlag nicht weiter verfolgt und auch nicht dem Justizministerium vorgeschlagen. Warum sollte sie im Interesse potentieller Kunden eine solche Forderung erheben, wenn ein Dachverband dieser Kunden sich dagegen wehrt?

          Aus Sicht der Verlage stellt eine Verwertungsgesellschaftspflicht einen Eingriff in ihre Rechte dar und macht sie dadurch weniger attraktiv. Warum? Weil Verlage ohne Verwertungsgesellschaftspflicht selbst entscheiden dürfen, ob sie ihr Leistungsschutzrecht allein oder gemeinsam verwerten – ihr Spielraum ist somit größer. Wenn sie wünschen, können sie das Recht in eine VG einbringen, doch sie müssen es nicht tun. Eine Verwertungsgesellschaftspflicht schränkt diese Freiheit ein und zwingt die Verlage in eine VG. Das ist zumindest für all diejenigen schlechter, die aus eigener Kraft gut selber verwerten könnten. In erster Linie sind das die großen Verlage.

          Kurzum: Aus Sicht der Kunden ist eine Verwertungsgesellschaftspflicht besser als keine, aus Sicht der Verlage ist es genau anders herum.

           
           
          • TecoScr

            Die Verwertung über Verwertungsgesellschaft wäre aus Sicht der Kunden der einfachste Weg. Es gäbe dann eine einzige Adresse, die Rechte klärt. Praktischer geht es nicht. Nähme jeder sein eigenes Recht wahr, müsste der Kunde jeden einzelnen Rechteinhaber einzeln ansprechen. Das wird – anders als Sie suggerieren – mit einem Anruf bei Axel Springer nicht zu lösen sein. Es gibt Tausende von Verlagen, und wenn jeder davon seine Rechte einzeln verwerten würde, gäbe es keine Standardverträge, was die Einholung der Rechte weiter erschwert.

            Wo wäre der Unterschied zu heute? Wenn heute ein Unternehmen ein dutzend Zeitungen von einem dutzend Verlagen abonnieren möchte, muss es jeden Verlag einzeln kontaktieren. Mit einem Leistungsschutzrecht, das die Nutzung am Computer lizenzpflichtig macht, muss es nun eben (nochmal) das selbe dutzend Verlage kontaktieren. Wo ist das Problem?

            Problematisch würde es allenfalls dann, wenn die von den Verlegern geforderte “sachgerechte Beweisregelung” allen gewerblichen PC-Besitzern die Nutzung aller Presseerzeugnisse im Internet unterstellt, und sie deshalb de facto für jeden denkbaren Inhalt eine Lizenz vom Rechteinhaber benötigten. Der Verleger-Entwurf des Leistungsschutzrechts sprach ja noch von genau so einer Regelung (“Werden Geräte, die allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme von Vervielfältigungen geeignet sind, zum Zwecke der gewerblichen Nutzung betrieben, wird vermutet, dass diese zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken im Sinne von Absatz 1 benutzt werden.”, §87g Abs. 3 UrhG-E); vielleicht könnten Sie uns aufklären, ob das immer noch gefordert wird. Denn dann, aber auch nur dann, wäre eine kollektive Verwertung im Sinne des Kunden.

            Weil das so ist, haben Verlage lange dafür geworben, die Verwertung über eine Verwertungsgesellschaft zu organisieren – wie gesagt im vermeintlichen Interesse der Kunden. Da es bekanntlich aber seitens des BDI und anderer Verbände Bedenken gegen die kollektive Verwertung gibt, haben die Verlage diesen Vorschlag nicht weiter verfolgt und auch nicht dem Justizministerium vorgeschlagen. Warum sollte sie im Interesse potentieller Kunden eine solche Forderung erheben, wenn ein Dachverband dieser Kunden sich dagegen wehrt?

            Der Dachverband dieser “potentiellen Kunden” wehrt sich ja auch lautstark gegen das Leistungsschutzrecht als solches. Das stört die Verleger doch genauso wenig.

            Abgesehen davon wehrt sich der BDI (zumindest nach meinem Kenntnisstand) in diesem Punkt gegen die Bündelung des Angebots, nicht die kollektive Verwertung. Beim bereits erwähnten BdP-Mediendisput 2010 störte sich Verbandssprecher Lösch vor allem daran, dass Unternehmen dann “Bild” und “Bunte” (mit-)lizensieren müssten, obwohl sie eigentlich nur das “Handelsblatt” haben wollten (nur als Beispiele, ohne Beschränkung der Allgemeinheit).

            Aus Sicht der Verlage stellt eine Verwertungsgesellschaftspflicht einen Eingriff in ihre Rechte dar und macht sie dadurch weniger attraktiv. Warum? Weil Verlage ohne Verwertungsgesellschaftspflicht selbst entscheiden dürfen, ob sie ihr Leistungsschutzrecht allein oder gemeinsam verwerten – ihr Spielraum ist somit größer.

            Trickreiche Argumentation! Natürlich ist die Wahlfreiheit zwischen zwei Optionen “besser” als die gesetzliche Pflicht zu einer von beiden. Das ändert nichts daran, dass die Verlage das geforderte Leistungsschutzrecht nur dann effektiv werden nutzen können (im Sinne von “Geld damit verdienen”), wenn es kollektive verwertet wird. Das gilt sogar dann, wenn der Schutzgegenstand des Leistungsschutzrechts weiter reicht als das heutige UrhG. Grund ist das bereits angesprochene Gefangenen-Dilemma. Die Verleger wollen (und brauchen) eine deutsche Copiepresse.

               
             
             
  39. Christoph Keese

    Dennoch leuchtet mir nicht ein, warum Sie sich gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage aussprechen, die ja nicht zwingend von einer VG wahrgenommen werden müssen, sondern durchaus von den einzelnen Rechteinhabern, also monopolfrei, wahrgenommen werden können. Sie müssten dann gegen Verwertungsgesellschaftspflichten argumentieren, nicht gegen Leistungsschutzrechte.

     
     
    • TecoScr

      Es ging gar nicht konkret um das Leistungsschutzrecht für Presseverleger, aber wenn wir einmal beim Thema sind…

      Laut dem letzten öffentlich bekannten Entwurf kann das Leistungsschutzrecht “nur durch eine Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden” (§87 g Abs. 1 UrhG-E). Damit hätten wir dann ein künstlich geschaffenes Verlegermonopol. Aber der genannte Entwurf ist ja, wie Sie immer wieder betonen, angeblich längst überholt. Zuletzt haben Sie allerdings auch hier für eine Presse-VG geworden; allerdings ist das auch schon wieder ein Jahr her. Deshalb wäre vielleicht jetzt die Chance, einmal die brandaktuellen Forderungen der Verleger zu benennen.

       
       
      • Christoph Keese

        Der von Ihnen zitierte Entwurf ist, wie Sie wissen, weder eingereicht noch auf andere Weise vorgeschlagen worden. In diesem Blog an unterschiedlichen Stellen vorgestellt worden ist der Vorschlag, den die Verlage dem BMJ in Anwesenheit der Ministerin unterbreitet haben: einfaches Leistungsschutzrecht, keine Forderung nach Verwertungsgesellschaftspflicht, jedoch Bereitschaft, eine Einschränkung des LSR durch Verwertungsgesellschaftspflicht zu akzeptieren, wenn der Gesetzgeber diese mit Rücksicht auf entsprechende Forderungen der Gewerkschaften einführen möchte. Kurz: Die Verleger schlagen von sich aus keine Verwertungsgesellschaftspflicht vor. An diesem Stand, den die Verlage unmittelbar nach dem BMJ-Termin auf den Webseiten von VDZ und BDZV dargelegt haben und der in diesem Blog ausführlich beschrieben ist, hat sich seitdem nichts geändert.
        Gern würde ich die Frage noch einmal wiederholen, die ich oben gestellt haben: Wenn es künstliche Monopole von Verwertungsgesellschaften sind, die zu Wohlfahrtsverlusten führen, erübrigt sich dann nicht die Kritik an Leistungsschutzrechten, falls diese nicht durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden?
        Eine weitere Frage würde ich gern anschließen: Verwertungsgesellschaften sind vor allem auch Clearing Häuser. Wie bewerten sie die Wohlfahrtsfolgen von Organisationsformen, in denen Rechte nur von Individuen und nicht von Clearing-Häusern wahrgenommen werden und jeder potenzielle Nutzer zunächst den Rechteinhaber ausfindig machen und mit ihm individuell verhandeln muss?

         
         
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  40. TecoScr

    Ich bitte Sie, Herr Keese: Sie als Volkswirt wissen sehr gut, dass mit Ineffizienzen der Copyright-CA-Regime nicht der Verwaltungsaufwand gemeint war. Gemeint sind vielmehr die Wohlfahrtsverluste durch ein künstliches Monopol. Denn genau das sind Verwertungsgesellschaften. Und wenn der Gesetzgeber bereit ist, so ein Monopol zu schaffen, muss er dessen Nutzen mit den Kosten abwägen, bzw. von Ökonomen abwägen lassen. Wie eben von Ghafele und Gibert geleistet.

    Sollte ich wider Erwarten ein unbekanntes Thema angesprochen haben, empfehle ich diesen einleitenden Überblick für Juristen von Haucap & Stühmeier zur Lektüre.

     
     
  41. Christoph Keese

    Die Effizienz von Verwertungsgesellschaften ist in der Tat unterschiedlich, dennoch bewegt sich der Verwaltungsaufwand der Gesellschaften im Korridor zwischen 5 und 15 Prozent. 85-95% werden somit ausgeschüttet. Ineffizienzen in der Verwaltung sind kritikwürdig, aber ihre Beseitigung könnte bei gleicher Ausschüttung an die Vertretenen nur zur Verringerung des Volumens in Höhe von ca. 10 Prozentpunkten führen. Eine Debatte darüber ist richtig. Sobald die Debatte aber über diese Ineffizienzen hinaus greift und den Wertschöpfungsanteil der Urheber und Werkmittler berührt, stellt sie die direkt die Einkommen der Produzenten in Frage. Nur das kritisiere ich. Wogegen richtet sich Ihre Kritik? Gegen Ineffizienzen in der Verwaltung oder die Einkommen der Produzenten?
    PS: Verteilungsungerechtigkeiten innerhalb der VGs gibt es ohne Frage. Allerdings rechtfertigt ihre Existenz keine Absenkung der Einkommenssumme der Produzenten, sondern nur die Erhöhung der Verteiligungsgerechtigkeit.

     
     
  42. Es steht zu erwarten, dass Google gestützt auf diese Studie demnächst eine neue Debatte über die Höhe von Lizenzgebühren in Europa vom Zaun brechen wird.

    Dazu muss sich Google gar nicht auf diese eine Studie stützen, denn es gibt allein aus den vergangenen Jahren dutzende, die ähnliche Schlussfolgerungen nahelegen. Einige werden von Ghafele & Gibert zitiert, andere findet man leicht, wenn man mit entsprechenden Stichworten bei Google Scholar sucht.

    Als Ökonom dürften Ihnen, Herr Keese, die Argumente in diesen Papern aber keineswegs fremd sein. Sowohl der zeitliche Umfang als auch die kollektive Administration von Urheberrechten zieht wie jedes Monopol gewisse Ineffizienzen nach sich, deren Sinnhaftigkeit die ökonomische Forschung zu hinterfragen hat.

    Es muss sicherlich nicht erwähnt werden, dass es praktisch kein (ökonomisches) Paper gibt, das die bestehenden Copyright-CA-Regime verteidigt, geschweige denn ihren Ausbau fordert.

     
     

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