Der Blog iRights.info hatte am Freitag berichtet, die Verlegerverbände BDZV und VDZ hätten ihre Beschwerde gegen Google beim Bundeskartellamt zurückgezogen. Offen seien die Gründe. Sie wollten ihre Beschwerde nun bei der EU-Kommission in Brüssel vorlegen. Soweit die Meldung. Was ist daran korrekt, was nicht?
BDZV und VDZ sind an dem Verfahren der Europäischen Kommission gegen Google wegen des Verdachts des Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung als Beschwerdeführer beteiligt. Sie haben der Kommission ausführliche Fakten und Argumente zu beiden Aspekten ihrer Beschwerde vorgetragen, zum Beispiel in einem rund 300 Seiten umfassenden Schriftsatz. Ein Aspekt der Beschwerde betrifft das faire Ranking von Suchergebnissen (Fair Search). Diesem Aspekt hat sich die Kommission bereits intensiv gewidmet. Ein anderer Aspekt behandelt die Fragestellung, ob Google Inhalteanbieter, die vom fairen Ranking auf der Suchergebnisseite wirtschaftlich abhängig sind, angemessen für die Nutzung deren Inhalte vergüten muss (Fair Share).
Beide Aspekte sind sind miteinander verbunden. Bisher lag der Aspekt Fair Share noch beim deutschen Bundeskartellamt, da anders als bei Fair Search noch keine anderen Beschwerden dazu aus Europa vorgelegen hatten und die Sache damit noch nicht für die EU zu behandeln war. Ende vergangenen Jahres haben jedoch die spanischen Verleger eine vergleichbare Beschwerde in Brüssel eingereicht. Deswegen haben BDZV und VDZ entschieden, den Fair Share-Aspekt ebenfalls nach Brüssel zu bringen, so dass beide Aspekte zusammen behandelt werden können. Keineswegs haben die Verbände damit etwas zurück genommen. Sie halten in vollem Umfang an ihrer Beschwerde fest und halten ein Einschreiten der Kartellbehörden gegen Google unverändert für geboten.
Im Beitrag von iRights findet sich noch folgendes Zitat:
Eine Art “Snippit-Abgabe” (sic) für Unternehmen wie Google und Facebook steht Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zufolge auch auf der Agenda eines neuen Leistungsschutzrechts für Presseverlage, das Union und FDP im Koalitionsvertrag angekündigt haben.
Diese Aussage ist falsch. Eine Snippet-Abgabe gegen Google, Facebook oder irgendjemanden sonst steht nicht auf der Agenda eines Leistungsschutzrechts. Das Recht würde niemanden zu einer Abgabe zwingen. Google wird dennoch nicht müde, diese Falschaussage weiter zu verbreiten. Damit wird erkennbar das Interesse verfolgt, Urheberrechte zu schwächen, um das eigene wirtschaftliche Interesse zu befördern.
Nachtrag: Öffentlich geäußert zum Thema at sich Julia Holtz, Leiterin Wettbewerbsrecht Google EMEA. Sie sagt:
Im Verlauf der vergangenen zwei Jahren haben wir dem Bundeskartellamt unsere Produkte und Geschäftspraktiken erläutert. Wir sind davon überzeugt, dass sie den deutschen und europäischen Gesetzen entsprechen. Dass die deutschen Verlegerverbände ihre Beschwerde nun in Deutschland zurückgezogen haben, bestärkt uns darin. Wir werden natürlich auch in Zukunft weiter für Fragen der europäischen oder deutschen Behörden zur Verfügung stehen.
Auch diese Aussage trifft nicht zu. Die Verlegerverbände haben ihre Beschwerde nicht zurück gezogen, sondern bringen sie in Brüssel ein.
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Magazin: Überlastete Verfassungsrichter werben für Gebühr bei aussichtslosen Beschwerden
4. März 2012
Christoph Keese
Ich habe von Snippet-Abgabe gesprochen, Sie sprechen von Lizenzpflicht. Eine Abgabe ist etwas anderes als eine Lizenzpflicht. Dass Verlage ihren Inhalt gern lizensieren würden, ist unbestritten. Aber nicht auf dem Wege einer verpflichtenden Abgabe, sondern auf Basis freiwilliger Verträge.
StefanM
Tolle Wortklauberei:
“Freiwillig” auf Basis des Leistungsschutzrechts.
Letzen Endes müssen alle, die “irgendwie” publizieren, Geld an Verlage abdrücken für Links und Kurzzitate. Das brauchen wir nicht, das braucht die Gesellschaft nicht, das braucht eigentlich keiner ausser ner geldgierigen Verlagslobby.
TecoScr
Haben nicht beide Regierungsparteien angekündigt, dass genau diese Lizenzpflicht für Snippets Sinn und Zweck des Leistungsschutzrechts für Verleger sei?
Etwa Ansgar Heveling (CDU) (in der Rheinischen Post, 3. Juni 2010): “Bei Google-News finden Sie beispielsweise Verweise auf Online-Angebote von Zeitungen. Diese Links sind bislang nicht für die Verlage geschützt, das kann Google kostenlos machen. Unser Koalitionsvertrag sieht jedoch vor, solche Verweise für Google kostenpflichtig zu machen.”
Oder Stephan Thomae (FDP) (bei Telemedicus, 12. August 2010): “Die Presseverlage sind zunehmend damit konfrontiert, dass ihre Online-Angebote von Dritten zu gewerblichen Zwecken für eigene Angebote genutzt werden. Das gilt aktuell insbesondere für Nachrichten-Aggregatoren. Diese Portale fassen automatisch Meldungen aus der Online-Presse auf einer eigenen Seite zusammen. Dabei gehen die Aggregatoren über reine Linksammlungen, wie wir sie von Suchmaschinen kennen, weit hinaus, indem sie ganze Textteile (‘Snippets’) übernehmen. [...] Vor diesem Hintergrund besteht eine Schutzlücke zu Lasten der Verlage. Diese Schutzlücke, die Aggregatoren und anderen heute faktisch die lizenzfreie Nutzung von Presseartikeln in Form von ‘Snippets’ ermöglicht, kann durch ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger geschlossen werden.”
Nun gut, das sind jeweils beinahe zwei Jahre alte Statements, aber seitdem ist ja recht wenig über den Stand der internen Diskussion an die Öffentlichkeit gedrungen. Woher kommt also Ihre Gewissheit? Sind Sie über die Details des Referentenentwurfs genauer im Bilde?